KI, künstliche neuronale Netze, Machine Learning, Deep Learning: Wir bringen Licht in die Begriffe rund um das Thema „Künstliche Intelligenz“

von | 29. Mai 2018 | Grundlagen

Das Phänomen „Künstliche Intelligenz“ (KI) wird heute unter vielen verschiedenen Begriffen diskutiert. Es ist zum Beispiel von Artificial Intelligence (AI), Machine Learning, Neuronalen Netzen, Representation Learning, Natural Language Processing (NLP) oder Deep Learning die Rede. Dies führt zum Teil zu großer Verwirrung und Unklarheit, was genau jeweils damit bezeichnet wird und welchen praktischen Nutzen die jeweiligen Methoden eigentlich haben.

Besonders für Unternehmen ist es jedoch entscheidend zu wissen, welche Möglichkeiten sich aus den jeweiligen Methoden für sie ergeben. Allein angesichts des enormen Wachstumspotenzials, das mit KI verbunden ist, sollten Unternehmen sich mit diesem Thema beschäftigen.

Der Traum von der KI

Intelligente Maschinen zu erschaffen, die sich so verhalten und so denken können wie Menschen, ist ein alter Menschheitstraum. Schon alte Mythen, wie die vom Golem, erzählen davon und auch Leonardo da Vinci versuchte intelligente Maschinen zu entwerfen.

Im Zeitalter der Digitalisierung sind wir soweit, dass nicht mehr nur mechanische Vorgänge, die vormals von Menschen ausgeführt wurden, von Maschinen ausgeführt werden. Heute ist es möglich, mentale Vorgänge und Prozesse digital abzubilden. Mehr noch: Mit der Hilfe intelligenter Algorithmen sind Hochleistungsrechner dazu imstande Ergebnisse hervorzubringen, die jenseits der Leistungsfähigkeit der Menschen liegt.

Die Golem-Figur in einer Szene aus dem Stummfilm Der Golem. Wie er in die Welt kam (1920) von Paul Wegener
Mechanischer Roboter-Ritter nach einer Idee von Leonardo da Vinci (um 1495). Nachbau aus dem 17. Jahrhundert.
Links: Die Golem-Figur in einer Szene aus dem Stummfilm Der Golem. Wie er in die Welt kam (1920) von Paul Wegener. Quelle: © Deutsches Filminstitut, Frankfurt am Main, Nachlass Paul Wegener – Sammlung Kai Möller. Rechts: Mechanischer Roboter-Ritter nach einer Idee von Leonardo da Vinci (um 1495). Nachbau aus dem 17. Jahrhundert. © Photo von Erik Möller. Leonardo da Vinci Ausstellung Mensch – Erfinder – Genie, Berlin 2005.

Der Oberbegriff: Künstliche Intelligenz (KI) bzw. Artificial Intelligence (AI)

Beispielhaft für den Status quo von künstlicher Intelligenz gelten die Siege, die Programme wie Deep Mind, IBMs Watson oder Googles AlphaGo in Spielen wie Schach, Jeopardy! und Go, dem „schwierigsten Spiel der Welt“, errungen haben. Künstliche Intelligenz (KI) bzw. engl. Artificial Intelligence (AI) sind die allgemeinen Oberbegriffe, wenn man von Phänomenen dieser Art spricht.

Die Anfänge der KI-Forschung datieren in die 1950er Jahre zurück, insbesondere auf die Überlegungen, die Alan Turing in seinem Aufsatz „Computing Machinery and Intelligence“ im Jahr 1950 vorgelegt hat. Auf Turing geht auch der nach ihm benannte Turing-Test zurück, der dazu dient zu unterscheiden, ob eine Maschine ein gleichwertiges Denkvermögen hat wie ein Mensch oder nicht.

Bei dem Oberbegriff Künstliche Intelligenz muss jedoch genauer differenziert werden. Es gibt nämlich einen grundlegenden Unterschied zwischen einer KI, die dazu in der Lage ist, einen Menschen im Schach oder Go zu schlagen, und einer KI, mit der man sich auf natürliche Art unterhalten kann, als wäre sie ein Mensch. Nur um letzteres ging es Turing.

Doch wenn wir heute von bestimmten Algorithmen als KI sprechen, geht es in der Regel um eine „abgespeckte“ Version. KIs in diesem Sinne sind intelligente Programme, die bestimmte, komplexe Aufgaben, zu deren Bewältigung unter normalen Umständen ein hohes Maß an Intelligenz notwendig ist, z.T. sogar besser als Menschen beherrschen.

Künstliche neuronale Netzwerke

Aus heutiger Perspektive mögen die ersten Versuche naiv erscheinen, bei denen „intelligente Maschinen“ dem Menschen nachgebildet wurden. Doch genau genommen beruhen auch die heutigen Entwicklungen im Bereich der KI auf den Erkenntnissen über den Menschen als intelligentes Wesen. Der einzige Unterschied: Modellbildend ist nicht mehr die Anatomie, sondern das menschliche Gehirn und neuronale Prozesse. Wie neuronale Netze bestehen künstliche neuronale Netzwerke aus Knotenpunkten, die auch Neuronen genannt werden.

Die vereinfachte Form eines künstlich neuronalen Netzwerks mit einer Input-Layer auf der linken Seite, einer Aktivität-Layer in der Mitte (auch „hidden layer“, also „versteckte“ Layer genannt) und eine Output-Layer rechts.

Die, auch Input-Units genannten, Neuronen der Input-Layer dienen dazu, Umweltinformationen wie beispielsweise Messdaten aufzunehmen. Das können beispielsweise in der Medizin Daten über Patienten sein wie Gewicht, Körpertemperatur, Alter etc. Nun beginnt die Auswertung, an deren Ende auf der Ebene der Output-Layer ein Ergebnis stehen soll – in diesem Fall „krank“ oder „gesund“.

Die Auswertung der Daten, bzw. Diagnose vollzieht sich über die Kanten, mit denen die einzelnen Neuronen miteinander verbunden sind. Jedem Wert wird ein bestimmtes Gewicht zugeordnet, das über die Stärke der Verbindung zwischen den Neuronen entscheidet. Wie stark ein Neuron aktiviert wird, hängt stark vom jeweils gewählten Klassifikations-Verfahren (z.B. Delta-Regel oder Backpropagation) ab. Diese lassen sich auch als „Lernregel“ bezeichnen, mit denen ein neuronales Netzwerk zunächst trainiert wird, bevor es in der Praxis Anwendung finden kann.

In unserem Blogartikel künstliche neuronale Netze sind der Erfolg zu maschinellen Lernen erfahren Sie noch mehr zu diesem Thema.

Machine Learning

Bei Machine Learning handelt es sich um einen Oberbegriff, der eine Klasse von lernenden Algorithmen bezeichnet, die aus „Erfahrung“ lernen können. Ähnlich wie wir Menschen, können Maschinen auf diese Weise aus einer großen Zahl von Beispielfällen lernen und eine allgemeine Regel abstrahieren. Nach einer Lernphase können diese Erkenntnisse wieder auf reale Fälle angewandt werden. Ein wichtiger Einsatzbereich für Machine-Learning-Algorithmen ist beispielsweise die Erkennung von Kreditkartenbetrug.

Die Einsatzmöglichkeiten von Machine Learning sind enorm. Um nur wenige Beispiele zu nennen:

  • Regressionsanalyse,
  • Entscheidungsbaum,
  • Stützvektormaschine oder
  • Deep Learning.

Das letzte Beispiel zeigt auch, warum es beim Sprechen über künstliche Intelligenz oft zu begrifflichen Verwirrungen kommt. Denn nicht alles was Künstliche Intelligenz ist, muss zwangsläufig Machine Learning sein, und nicht jede Methode des Maschinellen Lernens ist automatisch Deep Learning, wohl aber umgekehrt. Die folgende Darstellung macht diesen Zusammenhang nochmal deutlich:

Modell zur Einordnung von Artificial Intelligence, Machine Learning und Deep Learning
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an codesofinterest.com

Auch Machine Learning ist nicht immer gleich Machine Learning. Innerhalb von Machine Learning gibt es eine Bandbreite von Lern-Methoden. Die beiden bekanntesten sind Supervised Machine Learning und Unsupervised Machine Learning. Beide dienen unterschiedlichen Zwecken und unterscheiden sich grundlegend. Beim Supervised Machine Learning gibt ein sogenannter „Lehrer“ dem Machine-Learning-Algorithmus während der Trainingsphase ein Feedback. Mit dem Feedback lernt ein Algorithmus, ob das jeweilige Ergebnis richtig oder falsch ist.

Beim Unsupervised Machine Learning gibt es so einen Lehrer nicht. Vielmehr soll der Algorithmus selbständig Regeln oder Muster in Daten erkennen. Darum wird Unsupervised Machine Learning eher dazu eingesetzt, explorativ bestimmte Datensätze zu untersuchen, während Supervised Machine Learning bei konkreteren Fragestellungen eingesetzt wird.

Wenn Sie noch mehr zu den konkreten Einsatzmöglichkeiten von Machine Learning wissen wollen, lesen Sie auch unseren Artikel zu „Machine Learing in der Industrie 4.0“.

Deep Learning oder Deep Neural Networks

Deep Learning („tiefgehendes Lernen“) ist eine spezielle Klasse von Optimierungsmethoden von künstlichen neuronalen Netzwerken. Darum werden sie manchmal auch als „Deep Neural Networks“ bezeichnet. Der wesentliche Unterschied besteht in der Komplexität der Zwischenschichten, den sogenannten „hidden layers“.

Deep Learning wurde aus zwei Gründen in den letzten Jahren zu einem der zentralen Entwicklungstreiber im Bereich Künstliche Intelligenz: Erstens, weil Deep Learning besonders gute Ergebnisse erzielt, wenn große Datenmengen (Big Data) verfügbar sind, mit denen ein Netz trainiert werden kann. Und zweitens, weil mit den Deep-Learning-Algorithmen intellektuelle und mentale Prozesse darstellbar wurden, von denen lange angenommen wurde, dass sie dem Menschen vorbehalten sind.

einem Deep-Learning-Algorithmus bzw. einem Deep Neural Network
Quelle: rsipvision.com 

Bei einem Deep-Learning-Algorithmus bzw. einem Deep Neural Network gibt es zwischen der Eingabe- und der Ausgabeschicht zahlreiche Zwischenschichten (engl. „hidden layers“).

Zwei der prominentesten Beispiele sind Sprach- und Gesichtserkennung. Siri, Cortana & Co., Chatbots oder die neue Google Bildsuche sind Anwendungsbeispiele, die es ohne Deep Learning nicht gäbe. Die Algorithmen von Chatbots lernen beispielsweise mit jeder Frage, die ihnen gestellt wird, dazu und verbessern sich so selbst. Gerade diese Lernfähigkeit von Deep-Learning-Algorithmen zeichnet sie gegenüber „normalen“ künstlichen neuronalen Netzen aus.

Evolutionäre Algorithmen (EA)

Eine andere Klasse von intelligenten Algorithmen versucht ebenfalls von der Natur zu lernen, wie intelligente, lernfähige Systeme funktionieren. Vorbild ist in diesem Fall jedoch nicht das Gehirn, sondern die Evolution. Wie bei der biologischen Evolution folgen bei den evolutionären Algorithmen verschiedene Generationen aufeinander – in diesem Fall Generationen von Lösungsansätzen. Ganz nach dem Motto „Survival of the fittest“ wird jeder Lösungskandidat bewertet und je nach Evaluation ausgewählt, um in der nächsten Generation in einer mutierten oder rekombinierten Form erneut Anwendung zu finden.

Graphische Darstellung des Auswahlmechanismus, der zur evolutionären Weiterentwicklung eines Lösungsansatzes führt
Graphische Darstellung des Auswahlmechanismus, der zur evolutionären Weiterentwicklung eines Lösungsansatzes führt. Quelle: schneider-m.com

Je mehr Generationen von Algorithmen auf diese Weise entstehen, desto besser wird die Lösung. Für Unternehmen sind EA vor allem bei Optimierungsaufgaben interessant wie bei der Entwicklung neuer Produkte. Auch Finanzmarktprodukte lassen sich mit EA auf maximalen Gewinn und minimales Risiko hin optimieren. Das gelingt beispielsweise, indem unterschiedlich zusammengesetzte Portfolios simuliert werden, um die bestmögliche Zusammensetzung zu ermitteln.

Wie intelligent werden Maschinen in Zukunft werden?

Bei all den Errungenschaften und mehr als beeindruckenden Leistungen, die durch KI bislang bereits hervorgebracht wurden, stellt sich die berechtigte Frage, was die Zukunft bringen wird. Noch sind wir weit entfernt davon, eine KI zu schaffen, die annähernd der Komplexität und universellen Einsetzbarkeit des Menschen nahe kommt. Vielmehr sind es Spezialaufgaben, in denen Maschinen den Menschen überlegen sind.

Eine entscheidende Zutat, die darüber entscheiden wird, ob wir in naher Zukunft diese Form der KI sehen werden, die auch den Turing-Test bestehen, sind Quantencomputer. Auch einen weiteren Vorteil wird das menschliche Gehirn noch lange für sich in Anspruch nehmen können: So energieeffizient wird sobald kein künstliches System in der Lage sein, Rechenoperationen durchzuführen.

Noch Zukunftsmusik, aber in den Anfängen schon entwickelt: Maschinen, die dank „Affecitve Computing“ Gefühle verstehen.

Ein weiterer Quantensprung bei der Entwicklung der KI wird die Fähigkeit darstellen, einmal Erlerntes weiterzugeben. Nehmen wir dazu an, ein mit KI ausgestatteter Roboter hätte gelernt wie man Schrauben von Nägeln unterscheidet. Dieses Wissen wäre auch für viele andere Roboter, die in ähnlichen Situationen arbeiten nützlich.

Wenn dieses Wissen einfach übertragbar wäre, müsste nicht jedes intelligente System jede einzelne Fähigkeit erlernen, sondern könnte bestimmte Fähigkeiten ähnlich wie im Film Matrix einfach abrufen. Diese in dem Film dargestellte Zukunftsvision, könnte zumindest für Maschinen schon bald Wirklichkeit werden.

Autor:innen

Michaela Tiedemann

Michaela Tiedemann ist seit den jungen Startup Tagen der Alexander Thamm GmbH mit im Team. Sie hat die Entwicklung vom schnelllebigen, spontanen Startup hin zum erfolgreichen Unternehmen aktiv mitgestaltet. Mit der Gründung einer eigenen Familie begann für Michaela Tiedemann dann parallel dazu ein ganz neues Kapitel. Den Job an den Nagel zu hängen, kam für die frisch gebackene Mutter aber nicht in Frage. Stattdessen entwickelte sie eine Strategie, wie sie ihre Stelle als Chief Marketing Officer mit ihrer Rolle als Mutter in Einklang bringen kann.

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