Auf dem Weg zur Artificial General Intelligence: Der Stand der Forschung

von | 15. April 2020 | Grundlagen

Artificial General Intelligence ist nicht nur eines unter vielen aktuellen Forschungskonzepten, sondern ein kleiner Menschheitstraum. Mit Deep Reinforcement Learning scheint dieser Traum zum Greifen nah. Der Beitrag zeigt, wo wir heute stehen und welche Strecke auf dem Weg zur Artificial General Intelligence noch vor uns liegt.

Tochterfirmen von Tech Giganten wie DeepMind von Google oder OpenAi von Tesla und SpaceX haben in den letzten Jahren zahlreiche Forschungsprojekte im Bereich Reinforcement Learning realisiert. Mit dieser Forschung soll Künstliche Intelligenz ganz allgemein besser verstanden und langfristig als übergeordnetes Ziel die Artificial General Intelligence erreicht werden.

Was ist Artificial General Intelligence?

Unter Artificial General Intelligence wird das Forschungsvorhaben verstanden, eine Künstliche Intelligenz zu schaffen, die eine Intelligenz besitzt, die vergleichbar mit der des Menschen ist. Genauer gesagt heißt das, dass diese Artificial General Intelligence dazu in der Lage ist, alle möglichen Aufgaben zu erledigen. Heute sind intelligente Programme bzw. Algorithmen dazu in der Lage, nur einzelne, zum Teil hochspezielle Aufgaben zu übernehmen.

Linktipp: Wenn Sie sich für konkrete Anwendungsbeispiele von Künstlicher Intelligenz interessieren, lesen Sie unseren Blog-Artikel zum Thema „Deep Learning in der Praxis“.

Die Anfänge von DeepMind: Das Lösen von Atari-Spielen

Das offizielle Unternehmensziel – die Schaffung einer Artificial General Intelligence – von Googles DeepMind galt noch vor ein paar Jahren als pure Utopie. Schon heute lösen KIs Aufgaben auf einem Level, das die Fähigkeiten von Menschen überschreitet. Was bislang nur in Science-Fiction behandelt wurde, wird heutzutage schon mittels Reinforcement Learning umgesetzt.

Google erkannte die Chancen von Reinforcement Learning und KI bereits sehr früh. Bereits 2013 investierte Google etwa 365 Millionen Euro in DeepMind. DeepMind war zu diesem Zeitpunkt eine Forschungseinrichtung, die sich mit dem Lösen von Atari-Spielen beschäftigte. Laut Google gelang es DeepMind sowohl die Spielregeln als auch Erfolgstaktiken selbstständig zu entwickeln.

Reinforcement Learning läutete den Wendepunkt im Bereich der KI-Forschung ein

Die KI von DeepMind erreichte in vielen Spielen die Fähigkeiten auf dem Niveau von Profispielern und übertraf diese oft sogar. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war klar, dass das Potenzial von Deep Reinforcement Learning enorm war. Das Forschungsprojekt DeepMind markiert damit den Wendepunkt, seitdem eine gesteigerte Aufmerksamkeit für diese Methode und deren Möglichkeiten zu verzeichnen ist.

Die Herausforderung: Eine der schwierigsten Spiele der Welt – das chinesische Go

Das alte chinesische Go-Spiel ist eines der beliebtesten Spiele der Welt. Es galt aufgrund seiner Komplexität als für Computerprogramme unmöglich zu erlernen, geschweige denn zu gewinnen. Geschätzt sind auf dem 19×19 Felder umfassenden Brett mehr als 101048 Spiele möglich. Zum Vergleich: Beim Schach gibt es schätzungsweise eine Anzahl von 10120 möglichen Spielen.

Noch deutlicher wird die schiere Anzahl an möglichen Spielvarianten, wenn man sich klarmacht, dass – nach aktuellen Erkenntnissen – die geschätzte Anzahl der Protonen im beobachtbaren Universum ca. 1080 beträgt. Neben der Anzahl möglicher Spiele kommt beim Go eine weitere Schwierigkeit hinzu. Nicht jeder mögliche Zug erklärt sich aufgrund einer Logik von Regeln. Immer wieder betonen die Meister des Spiels, dass ihre Intuition das ausschlaggebende Element des Spieles ist.

Linktipp: In unserem Blog-Artikel zu Machine Learning erklären wir, warum sich Unternehmen für den Sieg einer KI im Casino interessieren sollten.

AlphaGo – ein intelligentes Programm schaffte das Unmögliche. Heute tritt AlphaGo Zero an seine Stelle

Bekannt geworden sind die Leistungen von Googles Künstlicher Intelligenz DeepMind wohl vor allem durch die Arbeit an Alpha Go, der ersten KI, die auf DeepMind basierte. Ihr gelang das bis dato unmöglich geglaubte: AlphaGo besiegte die weltbesten menschlichen Go-Spieler souverän. AlphaGo Zero, die neueste Fortsetzung von AlphaGo, ist sogar in der Lage, das Spiel selbstständig, ohne menschliches Zutun zu erlernen.

Das gelingt AlphaGo Zero deswegen, weil es auf Reinforcement Learning basiert. Die KI beginnt dabei völlig zufällig zu spielen. Einzig die Anfangsposition der Spielsteine ist gegeben. Nachdem AlphaGo Zero drei Tage lang trainiert hatte, trat die KI gegen die erste Version von AlphaGo an. Das Ergebnis: Die Zero-Variante konnte ihren Vorgänger 100:0 besiegen.

The next frontier: DeepMind AlphaStar

Was ist die neuste Herausforderung, nachdem eine Künstliche Intelligenz sogar eines der schwierigsten Spiele der Welt besser beherrscht als Menschen? Die Antwort lautet: Echtzeit-Strategiespiele. Im Januar 2019 wurde in diesem Zusammenhang ein neuer Meilenstein erreicht. Die jüngste KI, AlphaStar, besiegte die elitären E-Sportler „TLO“ und „MaNa“ vom Team „Liquid“ im Strategiespiel Starcraft 2.

Im Vergleich zu Go handelt es sich bei Starcraft 2 um ein Spiel, bei dem in Echtzeit gespielt wird – im Gegensatz zu Go, bei dem es sich um ein rundenbasiertes Spiel handelt und viel Zeit für jede Entscheidung bei jedem Zug zur Verfügung steht. Es handelt sich vielmehr um komplexes Strategiespiel, bei dem es darum geht, den Gegner richtig einzuschätzen und langfristige Strategien zu entwickeln.  Erschwerend hinzu kommt die Tatsache, dass die KI zu keinem Zeitpunkt alle Informationen hat, da der Sichtradius der einzelnen Einheiten begrenzt ist.

Deepmind AlphaStar Game

Deepmind AlphaStar (Quelle: https://techcrunch.com/2019/01/24/starcraft-ii-playing-ai-alphastar-takes-out-pros undefeated/?guccounter=1)

Fazit: Sind wir kurz vor dem Erreichen einer Artificial General Intelligence?

Die Fortschritte, die im Bereich der Erforschung von Künstlicher Intelligenz in den letzten Jahren erzielt wurden, sind bahnbrechend und im wahrsten Sinne des Wortes revolutionär. Niemand – außer den kühnsten Träumern und Science-Fiction-Autoren – hätte vor einigen Jahren vorhergesehen, wie schnell die hier aufgeführten Meilensteine erreichbar sind. Zudem übertrafen die Ergebnisse jedes Mal die Erwartungen bei weitem.

Heißt das, dass wir in den nächsten Jahren eine Artificial General Intelligence erschaffen können? Hier gehen die Meinungen auseinander. Unter anderem auch deswegen, weil sich die Forschung darüber uneins ist, wie genau eine Artificial General Intelligence definiert werden muss. Klar ist, dass intelligente Algorithmen, insbesondere Dank Reinforcement Learning, immer mehr und immer komplexere Aufgaben zu lösen vermögen. In vielen Fällen sind die resultierenden Programme bereits besser als ihre menschlichen Gegenspieler.

Wichtig ist vor allem, die Möglichkeiten, mit denen im Spiel bereits erfolgreich experimentiert wurde, auf reale Business-Probleme anzuwenden. Allein aufgrund des tatsächlich bereits existierenden Potentials von Reinforcement Learning spielt die Frage nach der Artificial General Intelligence auch eine untergeordnete Rolle. Vorerst gilt es, die bereits vorhandenen Möglichkeiten auszuloten und sinnvolle Anwendungsbereiche zu identifizieren und zu erschließen.

Autor:innen

CHRISTIAN LEMKE

Christian Lemke ist spezialisiert in den Bereichen Machine Learning und Künstliche Intelligenz. Er beschäftigt sich mit der Entwicklung von Machine Learning Pipelines und Entwicklung, Evaluierung, Skalierung und Produktivsetzung von Modellen. Er fokussierte sich in seiner akademischen Ausbildung auf anwendungsorientierte Data Science, Machine Learning und Big Data.

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