Churn Prediction Model für intelligentes Customer-Relationship-Management

von | 11. Oktober 2018 | Grundlagen

Eine alte Marketingweisheit lautet: „Neukunden kosten Geld, Bestandskunden bringen Geld.“ Kundenbindung und Kundenloyalität sind darum zwei zentrale Ziele einer nachhaltigen Geschäftsstrategie. Ein wichtiges Element dieser Strategie ist die Verhinderung von Kundenabwanderung – beziehungsweise von Churn (eng.: „to churn“ = jmd. bewegen). Ins Vokabular des Daten-Zeitalters übersetzt lautet diese Strategie: Churn Prediction Model.

Bei den jüngsten Studien zum Thema Kundenbindung und Kundenabwanderung fallen vor allem zwei Erkenntnisse auf:

  1. Die Kundenloyalität sinkt tendenziell und Kunden sind schneller bereit, Hersteller oder Anbieter zu wechseln.
  2. Es sind keine pauschalen Urteile über Kundenloyalität möglich. Vielmehr hängen die individuellen Entscheidungen stark von Alter, Lebenssituation und Familienstand ab.

Für Unternehmen bedeutet das, dass sie verstärkt auf Datenauswertung setzen müssen. Denn mit Data Science ist es möglich, Kunden nach passenden Kriterien zu segmentieren, darauf aufbauend die Kundenansprache zu individualisieren und den entscheidenden Augenblick für die Ansprache zu ermitteln. Ein Churn Prediction Model hilft dabei, den Zeitpunkt zu bestimmen, wann ein Kunde über den Wechsel zu einem anderen Anbieter nachdenkt.

Ein Churn Prediction Model erkennt Wechselstimmungen

Ein Churn Prediction Model arbeitet mit unterschiedlichen Analysewerkzeugen. Viele Anfragen und Beschwerden von Kunden gehen beispielsweise via Mail ein. Mit Text-Mining Methoden lassen sich diese Nachrichten untersuchen und vorab sortieren. Intelligente Algorithmen können sachliche, freundliche oder verärgerte Nachrichten voneinander unterscheiden. Selbst Ironie kann heute sicher erkannt werden.

Aber auch die Analyse der Kaufhistorie oder Daten über Werkstattbesuche lassen Rückschlüsse über die Kundenzufriedenheit zu. Durch die Kombination der richtigen Daten lässt sich die Wechselwahrscheinlichkeit sehr genau bestimmen. Bei einem unserer Projekte konnten wir durch den Einsatz dieser Methode eine Trefferquote von über 90 Prozent erzielen.

Lesetipp: In diesem Artikel befassen wir uns mit der Customer Journey und Frage, wann Ihr Kunde über einen Neukauf nachdenkt.

Für diese Unternehmen ist Churn Prediction interessant

Nicht für alle Unternehmen eignet sich ein Churn Prediction Model gleichermaßen. Es hängt stark von den angebotenen Dienstleistungen beziehungsweise Produkten ab, ob die Berechnung der Abwanderungsrate sinnvoll ist. Hintergrund: Diese Rate wird in der Regel als Quotient aus der Anzahl der Gesamtkunden und der Zahl der abwandernden Kunden bestimmt.

Dementsprechend eignet sich ein Berechnungsmodell wie dieses besonders für Hersteller von Luxusgütern wie Autos, die in regelmäßigen Abständen neu gekauft werden, oder Anbieter mit Abonnement-Struktur wie etwa Mobilfunkprovider. Ein Churn Prediction Model kann dabei in unterschiedlichen Use Cases Anwendung finden:

  • Die Auswirkung beziehungsweise Wirksamkeit einzelner Angebote, Features oder Services auf Kunden kann genau gemessen werden.
  • Auf Basis der prognostizierten Abwanderungswahrscheinlichkeiten können automatisch Aktionen wie individuelle Rabatte ausgelöst werden.
  • Das Kundenverständnis wird durch die Analyse von anonymisierten Nutzerdaten verbessert.

Wertvolle Einsichten aus Daten gewinnen und handeln

Alle Erkenntnisse, die so gewonnen werden können, bringen jedoch nur wenig, wenn sie nicht zeitnah umgesetzt werden. Ein Churn Prediction Model macht nur Sinn, wenn es mit einem intelligenten Customer-Relationship-Management verknüpft ist. Speziell in dem Fall, wenn es um das Antizipieren von Kundenabwanderung geht, ist schnelles Handeln und eine entsprechende Vorbereitung wichtig. Nur so können wirkungsvolle Maßnahmen durchgeführt werden, um die Kunden mit hohem Wechselrisiko zu halten.

Kundensegmentierung und Klassifizierung als wichtige Faktoren

Es gibt mehrere Voraussetzungen, unter denen ein Churn Prediction Model zu einem machtvollen Instrument wird. Wie bereits erwähnt ist die Datenqualität ein wichtiges Kriterium. Dazu zählt auch die Identifikation von geeigneten, aussagekräftigen Datenquellen.

Das fällt umso leichter, je genauer der Use Case im Vorfeld definiert wurde. Unserer Erfahrung nach sind die Wahl von ungeeigneten Daten oder fehlerhafte Daten die häufigste Fehlerquelle von Data-Science-Projekten.

Ebenfalls entscheidend für eine hohe Trefferquote bei Prognosemodellen ist die Kombination von mehreren Faktoren. Die exakte Berechnung der Wahrscheinlichkeit der Abwanderung allein ist nicht ausschlaggebend. Denn nicht bei allen Kunden mit Wechselvorhaben lohnt sich der Aufwand, um sie zu halten gleichermaßen. Insofern sind Kundensegmentierung und Klassifizierung wichtige Zwischenschritte.

→ Lesetipp: Erfahren Sie hier mehr zum Thema Kundenwert beziehungsweise Customer Lifetime Value.

Lösungsansätze für eine optimierte Customer Journey

Generell gilt, dass positive Kundenerlebnisse Abwanderung verhindern. Diese lassen sich beispielsweise durch eine reibungslose Customer Journey herstellen. Die Lösungsansätze lassen sich dabei in zwei Kategorien untergliedern: Einerseits in kurzfristige Aktionen und andererseits in langfristige Maßnahmen.

Kurzfristige Aktionen können sein:

  • individualisierte Ansprache per Mail, Push-Notification oder Telefon
  • Preisnachlässe, Sonderkonditionen oder Up-Selling-Möglichkeiten
  • Bestimmung des richtigen Zeitpunkts der Kundenansprache

Langfristige Maßnahmen:

  • Optimierung des gesamten Verkaufs- und Wiederverkaufsprozesses
  • Verbesserung der Produkte beziehungsweise Services zur Steigerung der Kundenzufriedenheit
  • Integration von neuen Technologien (Künstliche Intelligenz, Chatbots) zur Individualisierung der Customer Journey

Churn Prediction zahlt sich aus

Die Verhinderung von Kundenabwanderung zahlt sich allein deswegen aus, weil die Kosten für die Neukundenakquise sehr hoch sind. Aber das ist nicht der einzige Grund, warum sich ein Churn Prediction Model auszahlt. Wer die Ursachen für Kundenabwanderung kennt, kann nicht nur die Abwanderung einzelner Kunden verhindern.

Auch langfristig kann die Qualität des eigenen Angebots dadurch verbessert und exakt auf die Bedürfnisse der Kunden abgestimmt werden. Ein Churn Prediction Model ist ein integraler Bestandteil einer kundenzentrierten Geschäftsstrategie.

Autor:innen

Michaela Tiedemann

Michaela Tiedemann ist seit den jungen Startup Tagen der Alexander Thamm GmbH mit im Team. Sie hat die Entwicklung vom schnelllebigen, spontanen Startup hin zum erfolgreichen Unternehmen aktiv mitgestaltet. Mit der Gründung einer eigenen Familie begann für Michaela Tiedemann dann parallel dazu ein ganz neues Kapitel. Den Job an den Nagel zu hängen, kam für die frisch gebackene Mutter aber nicht in Frage. Stattdessen entwickelte sie eine Strategie, wie sie ihre Stelle als Chief Marketing Officer mit ihrer Rolle als Mutter in Einklang bringen kann.

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