Telematik-Tarife in der Versicherungsbranche

von | 31. Oktober 2016 | Grundlagen

Besonnenes Fahren und eine gesunde Lebensweise kann in Zukunft mit Rabatten oder durch Telematik-Tarife belohnt werden. Menschen, die sich gesund ernähren, verursachen im Gesundheitssystem sehr viel weniger Kosten. Ebenso machen Autofahrer, die sich an die Verkehrsregeln halten, den Straßenverkehr insgesamt sicherer. Um dieses Verhalten bewusst zu fördern, können Versicherungen künftig Telematik-Tarife anbieten.

Davon profitieren nicht nur alle anderen Verkehrsteilnehmer oder das Gesundheitsversorgungssystem, sondern auch die Versicherten selbst. Telematik-Tarife zeichnen sich durch Vergünstigungen und Rabatte aus und sind dadurch beispielsweise für Fahranfänger besonders attraktiv. Wer durch die Auswertung von Sensordaten beispielsweise von Wearables oder den Einsatz einer App seinen behutsamen Fahrstil belegt, kann aktiv sparen.

Auslöser und Voraussetzung für die Veränderungen in der Versicherungsbranche

KI bei Versicherungen ist sowohl Auslöser für die Veränderungen als auch die Voraussetzung in der Branche. So liefern beispielsweise Wearables wie Smartwatches auch Gesundheitsdaten und damit neue Einblicke in die Entwicklung der Gesundheit und des körperlichen Wohlbefindens.

Dadurch wird eine Transparenz über den Gesundheitszustand hergestellt, sodass Verschlechterungen frühzeitig erkannt werden können. Auf Basis dieser Datengrundlage haben Menschen dann die Möglichkeit ihr Verhalten zu ändern, um der Verschlechterung entgegenzuwirken.

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Der kurze Ausschnitt aus einer ZDF-Sendung verdeutlicht das Prinzip der Telematik-Versicherungen.

Aber nicht nur im Bereich eHealth schaffen vernetzte Geräte eine neue Entscheidungs- und Handlungsgrundlage. Ganz ähnlich liefern Connected Cars die Datengrundlage, die Aufschluss über das Fahrverhalten des Versicherten gibt.

Mit der Installation einer App kann der Versicherte die Daten direkt der Versicherung übermitteln und so seinen Fahrstil dokumentieren. Die übermittelten Daten fungieren dabei wie eine alternative Währung, mit denen der Versicherte einen Teil seiner Versicherung bezahlt. Vernetzte Ökosysteme aller Art können in Zukunft neues Wissen über nahezu alle Lebensbereiche zugänglich machen, das auch Grundlage für neue Telematik-Tarife werden kann.

Versicherungsmodelle bislang und mögliche Neuerungen

Eine der großen Befürchtungen, die mit den neuen Telematik-Tarifen einhergeht, ist die, dass der Solidaritätsgedanke aufgekündigt wird: Bisher galt das Prinzip, dass möglichst viele Versicherte für den Schadensfall von Einzelnen aufkommen. Dadurch wurden die Lasten auf möglichst vielen Schultern verteilt. Die neuen Telematik-Tarife sind nur ein Baustein einer sich neu strukturierenden Versicherungsbranche, die von der digitalen Transformation ebenso ergriffen wird, wie alle andere Bereiche der Wirtschaft.

Die entscheidende Frage ist, ob dieses Prinzip tatsächlich infrage gestellt wird, wenn es mehr Informationen über die einzelnen Versicherten gibt. Zunächst besteht der Vorteil der Telematik-Tarife darin, dass Verhalten belohnt wird, das weniger Kosten verursacht. Dadurch bleibt letzten Endes insgesamt mehr Geld für die Versorgung von Bedürftigen bzw. zur Behebung von Schäden übrig.

An der Solidarität ändert sich mit den Telematik-Tarifen insofern nichts. Tarife bei fehlerfreiem Verhalten zu vergünstigen stellt insbesondere bei Autoversicherungen keine Neuerung des digitalen Zeitalters dar, sondern wird schon seit vielen Jahrzehnten so gehandhabt.

Die Digitalisierung der gesamten Versicherungsbranche verändert die Vertriebswege und die Versicherungsmodelle

Die Digitalisierung ermöglicht neue Tarife, flexible Preismodelle und Rabatte und führt insgesamt zu einer Dynamisierung der Branche. Einer der neuen Trends sind Micro-Versicherungen, bei denen teilweise nur für ein einzelnes Gerät oder für einen kurzen Zeitraum eine Versicherung abgeschlossen wird. Insgesamt nimmt die Individualisierung bei der Gestaltung von Policen zu, sodass immer stärker auf die Bedürfnisse der Kunden eingegangen werden kann.

Die Veränderungen, die durch die digitale Transformation in der Versicherungsbranche ausgelöst werden, betrifft alle Aspekte des Versicherungswesens. So spielen auch beim Marketing und Vertrieb die traditionellen Distributionswege eine immer geringere Rolle. Online-Kaufhäuser wie Amazon bieten ebenso selbstverständlich Versicherungen an, wie Touristik-Unternehmen beziehungsweise Airlines. Auch die spontane Buchung einer Zusatzversicherung via App ist längst keine Zukunftsmusik mehr.

Data Science und Telematik-Tarife

Durch die Vernetzung aller Lebensbereiche und die Digitalisierung aller Wirtschaftszweige entstehen zugleich immer mehr Daten. Durch Data Science werden diese Daten für Versicherungen zugänglich gemacht, sodass sie zur Entwicklung von neuen Geschäftsmodellen genutzt werden können.

Prognosemodelle bilden dabei die Basis für die neuen Telematik-Tarife. Dazu müssen entsprechende Datenquellen erschlossen werden, die Daten auf Validität geprüft und vor Manipulation geschützt werden und Algorithmen zur Auswertung entwickelt werden. Damit enden jedoch noch nicht die Möglichkeiten, die sich durch Data Science ergeben.

Die Telematik-Tarife selbst stellen nur einen Teilaspekt dessen dar, was die Data Science für die Versicherungsbranche leisten kann. Aus den anonymisierten Telematik-Daten beispielsweise aus den Autoversicherungen, lassen sich weitere Geschäftsmodelle ableiten.

Daten gelten nicht ohne Grund als die neue Währung der Zukunft: In den Daten selbst steckt ein weiterer Nutzwert, der gefördert werden kann. Aus dem Fahrverhalten von tausenden von Versicherten können weitreichende Erkenntnisse abgeleitet werden. Genaue statische Werte über die Anzahl der Unfälle bzw. von Schadenssummen von Versicherten, die sich an die Straßenverkehrsordnung gehalten haben, stellen für sich genommen eine neue Grundlage zur Kalkulation bei der Gestaltung neuer Tarife dar.

Anstatt Tarife am Reißbrett zu entwerfen, basieren sie in Zukunft auf genauen Datenanalysen, die exakt darüber Aufschluss geben, welche Verstöße gegen die StVO ein besonders hohes Risiko haben, einen Unfall zu verursachen.

Erkenntnisreich sind auch die möglichen Zusammenhänge zwischen Fahrstil (Beschleunigungsverhalten) und ordnungswidrigem Verhalten (Überschreiten der Höchstgeschwindigkeiten). Möglicherweise passieren Unfälle auch häufig bei langen Fahrten in unbekannte Gegenden wie im Urlaub – flexible Tarife, die eine spontane Buchung eines besonderen Versicherungsschutz via App oder direkt vom Auto aus direkt vor langen Reisen ermöglichen, könnten dieses Risiko auffangen.

Fazit

Insbesondere solche situative und individualisierte Tarife werden durch die exakte Kalkulation von Risiken durch Big Data Analysen in Echtzeit möglich. Das Wissen, das auf diese Weise entsteht, kann sowohl bei der Produktentwicklung, bei der strategischen Planung als auch beim Marketing gewinnbringend eingesetzt werden. Die Telematik-Tarife stellen damit für die Versicherungsbranche in doppelter Hinsicht einen Wachstumsmarkt der Zukunft dar.

Autor:innen

Michaela Tiedemann

Michaela Tiedemann ist seit den jungen Startup Tagen der Alexander Thamm GmbH mit im Team. Sie hat die Entwicklung vom schnelllebigen, spontanen Startup hin zum erfolgreichen Unternehmen aktiv mitgestaltet. Mit der Gründung einer eigenen Familie begann für Michaela Tiedemann dann parallel dazu ein ganz neues Kapitel. Den Job an den Nagel zu hängen, kam für die frisch gebackene Mutter aber nicht in Frage. Stattdessen entwickelte sie eine Strategie, wie sie ihre Stelle als Chief Marketing Officer mit ihrer Rolle als Mutter in Einklang bringen kann.

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