Machbarkeitsstudie LEAM – Voraussetzungen für große KI-Modelle in Deutschland

von | 27. Januar 2023 | [at] News

Wir erleben gerade den Beginn der zweiten Welle der KI-Revolution, die mit der Veröffentlichung von GPT-3 durch OpenAI im Sommer 2020 begonnen hat. Auf Basis riesiger Datenmengen und mit enormem Einsatz von Entwicklerressourcen, Geld und Rechenkapazität hat OpenAI ein Sprachmodell geschaffen, das eine bis dahin unerreichte Performance aufweisen konnte.

Machbarkeitsstudie “Große KI-Modelle für Deutschland”

Auch in Deutschland und Europa müssen Unternehmen künftig verstärkt auf den Einsatz von KI-Anwendungen setzen. Welche Voraussetzungen es dafür braucht, wurde im Rahmen der Machbarkeitsstudie „Große KI-Modelle für Deutschland“ untersucht, die unter anderem in Zusammenarbeit mit der Alexander Thamm GmbH durchgeführt wurde. 

Notwendigkeit eines KI-Ökosystems

Die von der Initiative Large European AI Models (LEAM) vorgestellte Studie zeigt, das über 80% der befragten Expert:innen zum Aufbau eines KI-Ökosystems sowie der Entwicklung von KI-Grundlagenmodellen auf Basis europäischer Werte rät. Aktuell stammen KI-Grundlagenmodelle, die Firmen zur Entwicklung von KI-Anwendungen benötigen, größtenteils aus den USA und China. Dies stellt europäische Unternehmen vor große Herausforderungen, weil beispielsweise der Zugriff auf proprietäre Dienste erschwert ist und die Daten nicht DSGVO-konform verarbeitet werden.

Aufbau einer KI-Supercomputing Infrastruktur

„Ein KI-Servicezentrum kann durch eine gemeinsame Initiative von Wirtschaft, Wissenschaft und Politik in Deutschland erfolgreich aufgebaut und betrieben werden“, ist Jörg Bienert, Partner bei der Alexander Thamm GmbH und Präsident des KI Bundesverbandes, überzeugt. Dazu legt die Studie der LEAM-Initiative nun ein Konzept für den Aufbau einer dedizierten KI-Supercomputing Infrastruktur vor.

 Ein Team von Spezialist:innen betreibt eine dedizierte HardwareInfrastruktur, die auf große KI-Modelle spezialisiert ist. Es entwickelt diese KI-Modelle weiter und stellt diese anderen zur Verfügung. Darüber hinaus sammelt und veredelt das Team die zum Betrieb und den Anwendungen notwendigen Daten und implementiert Software und Services rund um diese KI-Modelle, die das Training und Tuning von großen Modellen vereinfachen und diese für unterschiedliche Zielgruppen einfach nutzbar machen.

Autor:innen der Machbarkeitsstudie

Die LEAM Machbarkeitsstudie wurde in Zusammenarbeit mit Alexander Thamm GmbH, Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI), eco – Verband der Internetwirtschaft e. V., Fieldfisher LLP, Fraunhofer-Institut für Intelligente Analyse- und Informationssysteme (IAIS), Merantix Momentum GmbH, Simmons & Simmons und Ubermetrics Technologies GmbH durchgeführt. Die Gesamtprojektleitung oblag dem KI Bundesverband e.V..

Die gesamte Studie kann hier kostenlos gelesen werden: https://leam.ai/wp-content/uploads/2023/01/LEAM-MBS_KIBV_webversion_mitAnhang_V2_2023.pdf

Im Rahmen der Studie wurde auch ein Interview über Foundation-Modelle mit unserem Gründer und CEO Alexander Thamm veröffentlicht. 

Alexander, wo setzt ihr Foundation-Modelle ein? Was ist euer Use-Case?

Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz ist bei unseren Kunden ein wichtiges Thema. Wir entwickeln AI Strategien, Konzepte und implementieren Projekte auf Basis der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse. Dabei spielen Sprachverarbeitung und Foundation-Modelle eine immer wichtigere Rolle und wir investieren in die Nutzung der Technologie in Deutschland, unter anderem in der aktiven Mitwirkung am Projekt OpenGPT-X. Unsere Teams sind auf vielfältige Bereiche der KI-Entwicklung spezialisiert und setzen unter anderem Projekte um in den Bereichen Bildverarbeitung, Natural Language Processing, Forecasting, Anomalie-Detection. Beispiele hierfür sind ein KI gesteuertes System zur Unterstützung der Zug-Disposition bei der DB, Robotersystem zur Unterstützung der Altenpflege und neuartige Verfahren für das autonome Fahren.

Welchen Einfluss haben KI-Foundation-Modelle auf euer Geschäftsmodell bzw. eure Projekte?

Foundation-Modelle werden zentraler Bestandteil der KI-Anwendungen und der Infrastruktur in vielen Bereichen. Derzeit entwickeln wir individuelle KI-Applikationen oft von Grund auf unter Nutzung spezifischer Kundendaten. In der Zukunft wird es hier eine Verlagerung hin zum Transfer-Learning bzw. Tuning von existierenden, leistungsfähigen Foundation-Modellen geben. Gleichzeitig werden durch die Nutzung von Foundation-Modellen neue Anwendungsgebiete erschlossen und wir werden für unsere Kunden Applikationen entwickeln, die derzeit noch schwer umsetzbar sind – vor allem im Bereich NLP. Der Markt wird wachsen und wir sehen hier eine große Chance für uns, aber vor allem auch für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft. Das hat intensive Auswirkungen auf unser Geschäftsmodell, vor allem, wenn wir auf die Nutzung und Lizenzierung von Foundation-Modellen angewiesen wären, auf die wir nur über APIs zugreifen können und auf die wir keinen direkten Einfluss haben. Wenn wir diese Modelle dann nur von nicht-europäischen Anbietern beziehen können, müssen wir uns zusätzlich noch intensiv mit Datenschutz- und Datensicherheitsaspekten auseinandersetzen.

Damit unsere Kunden und unser Unternehmen nicht in eine einseitige Abhängigkeit geraten, ist es enorm wichtig, dass wir auch auf Foundation-Modelle zugreifen können, die in Deutschland oder Europa entwickelt wurden, und wir diese nicht nur über APIs nutzen können. Gleichzeitig hat die Berücksichtigung von europäischen Werten, z.B. beim Thema Bias, für uns und unsere Kunden eine enorme Bedeutung.

Welche Schwierigkeiten und Probleme siehst du, dass nur USA und China derzeit KI-Foundation-Modelle umfassend bereitstellen?

US-amerikanische Internet-Unternehmen investieren derzeit intensiv in die Entwicklung und Verbreitung von Foundation-Modellen. Durch die Bereitstellung über APIs können die ersten am Markt befindlichen Services gleichzeitig eine Menge Daten z.B. über die Nutzungsschwerpunkte sammeln. Damit besteht die Gefahr, dass sich hier wieder – wie bei den Suchmaschinen – Monopole bilden und eine zunehmende technologische Abhängigkeit entsteht. Wenn die zentralen KI-Anwendungen nur aus Übersee kommen, werden sich langfristig unsere Aktivitäten auf die Gestaltung von Frontends- und Workflows beschränken. Wir haben keinen oder nur noch geringen Einfluss auf die Modelle, was vor allem hinsichtlich Qualität und Bias problematisch ist. Damit könnte diese Entwicklung auch zu einer potenziellen Bedrohung unseres derzeitigen Geschäftsmodells werden – und zu unserer Unternehmens-Mission, die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft in diesem Bereich sicherzustellen.

Wie würden euch europäische Modelle – Open Source, alle europäischen Sprachen abdeckend, mit hohen Datenschutzstandards und minimalem Bias – helfen?

Europäische Foundation-Modelle, die wir als Basis für unsere KI-Entwicklungen nutzen könnten, würden uns befähigen, auch in Zukunft innovative Anwendungen zu entwickeln. Da wir nicht nur über APIs zugreifen, sondern die Modelle als Open Source zur Verfügung hätten, könnten wir in vielen Bereichen auch unsere eigenen Forschungsaktivitäten intensivieren und für unsere Kunden State-of-the Art KI-Systeme bauen. Damit wäre sichergestellt, dass wir auch in Zukunft bei unseren Kunden Prozesse optimieren und neue Produkte und Geschäftsmodelle ermöglichen können.

Autor:innen

Michaela Tiedemann

Michaela Tiedemann ist seit den jungen Startup Tagen der Alexander Thamm GmbH mit im Team. Sie hat die Entwicklung vom schnelllebigen, spontanen Startup hin zum erfolgreichen Unternehmen aktiv mitgestaltet. Mit der Gründung einer eigenen Familie begann für Michaela Tiedemann dann parallel dazu ein ganz neues Kapitel. Den Job an den Nagel zu hängen, kam für die frisch gebackene Mutter aber nicht in Frage. Stattdessen entwickelte sie eine Strategie, wie sie ihre Stelle als Chief Marketing Officer mit ihrer Rolle als Mutter in Einklang bringen kann.

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