LLM vs. SLM vs. RAG: Ein Vergleich

Zwischen Größe, Präzision und Wissen

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  • Kategorie: Grundlagen
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    LLM vs SLM vs RAG, orange-colored (HEX #FF792B) dotty wind
    Alexander Thamm GmbH 2025, GenAI

    Künstliche Intelligenz ist längst aus der Experimentierphase heraus und prägt Geschäftsmodelle, Kundenkommunikation und Entscheidungsprozesse in hohem Tempo. Doch die Frage ist nicht mehr, ob man KI nutzt, sondern welche Form davon den größten Nutzen bringt. Zwischen leistungsstarken Large Language Models (LLMs), effizienten Small Language Models (SLMs) und wissensbasierten RAG-Systemen stehen Unternehmen heute eine ganze Palette an Möglichkeiten offen. Wer versteht, wie sich diese Ansätze unterscheiden und ergänzen, kann KI nicht nur als Werkzeug, sondern als echten Wachstumstreiber und Wettbewerbsvorteil einsetzen.

    Large Language Models

    Large Language Models (LLMs) sind groß angelegte KI-Sprachmodelle mit mehreren Milliarden bis einigen Billionen an Parametern. Sie zeichnen sich durch ihre enorme Bandbreite an Wissen und Sprachverständnis aus, sind aber ressourcenintensiv und oft auf Cloud-Infrastruktur angewiesen. Die prominentesten Vertreter sind ChatGPT von OpenAI, Anthropic’s Claude und Gemini von Google.

    Merkmale von LLMs

    • Tiefes Sprachverständnis: Durch das Training auf umfangreichen Datensätzen entwickeln LLMs ein ausgeprägtes Verständnis für Syntax, Semantik und Kontext.
    • Hohe Flexibilität: LLMs können viele verschiedene Aufgaben lösen, von Textgenerierung über Übersetzung bis hin zu Code-Erstellung.
    • Anpassungsfähigkeit: LLMs lassen sich über Fine-Tuning oder Prompt-Engineering auf spezifische Aufgaben, Branchen oder Stile ausrichten.
    • Hoher Rechenaufwand: Die Nutzung erfordert starke Hardware oder Cloud-Ressourcen, was Kosten und Energieverbrauch erhöht.
    • Potenzial für Halluzinationen: LLMs können überzeugend klingende, faktisch falsche oder unpassende Aussagen produzieren, insbesondere wenn Kontext oder Daten lückenhaft sind.

    Small Language Models

    Ein Small Language Model (SLM) ist eine kleinere, ressourcenschonende Variante eines LLMs und benötigt zwischen einigen Millionen und wenigen Milliarden Parametern. Es ist darauf ausgelegt, spezifische Aufgaben effizient zu erledigen, oft mit weniger Rechenleistung und Datenbedarf, bei zugleich hoher Leistungsfähigkeit in eng umrissenen Anwendungsfeldern.

    Merkmale von SLMs

    • Kompakte Modellgröße: SLMs besitzen deutlich weniger Parameter als LLMs, was sie schneller und leichter einsetzbar macht, etwa auf lokalen Geräten oder Edge-Systemen.
    • Geringerer Ressourcenbedarf: Sie benötigen weniger Speicher, Rechenleistung und Energie, wodurch sie kostengünstiger und nachhaltiger als LLMs betrieben werden können.
    • Schnelle Inferenzzeiten: Durch ihre kleinere Architektur liefern SLMs Antworten nahezu in Echtzeit, was sie ideal für interaktive Anwendungen macht.
    • Domänenspezifische Optimierung: Sie können gezielt auf bestimmte Aufgaben oder Branchen trainiert werden (z. B. Medizin, Finanzen), was ihre Genauigkeit in diesen Bereichen erhöht.
    • Einfachere Integration: Aufgrund ihrer Größe und Effizienz lassen sich SLMs leicht in bestehende Systeme, Apps oder Geräte integrieren, auch offline.
    • Datenschutzfreundlich: Bei lokalem Betrieb verbleiben Daten im Unternehmensnetzwerk oder auf Endgeräten, was die Kontrolle über sensible Informationen verbessert (sofern Sicherheitsmaßnahmen vorhanden sind).

    Retrieval-Augmented Generation

    Retrieval-Augmented Generation (RAG) ist ein Ansatz, der Sprachmodelle mit externem Wissen kombiniert, um präzisere, aktuellere und faktenbasierte Antworten zu erzeugen. Während Sprachmodelle wie LLMs nur auf das Wissen zugreifen können, das sie während ihres Trainings gelernt haben, erweitert RAG diesen Horizont: Bevor das Modell eine Antwort formuliert, „retrieved“ (sucht) es gezielt nach relevanten Informationen in einer Datenquelle, z. B. in Unternehmensdokumenten, Wissensdatenbanken, Handbüchern oder dem Internet. Diese Informationen werden anschließend mit dem generativen Sprachmodell kombiniert („augmented“) und verarbeitet, um eine fundierte, kontextbezogene Antwort zu erstellen.

    Merkmale von RAG

    • Aktualisierbares Wissen: RAG hilft, Wissensbereiche unabhängig vom Modelltraining laufend zu aktualisieren, indem neue Dokumente oder Datenquellen einfach eingepflegt werden, ohne dass das Modell neu trainiert werden müsste.
    • Höhere Faktengenauigkeit: Durch gezieltes Retrieval sinkt das Risiko für Halluzinationen oder veraltete Aussagen.
    • Datenanbindung nach Bedarf: Unternehmen können gezielt eigene Datenquellen (Wiki, CRM, internes Dokumentenarchiv etc.) einbinden, um Antworten zu personalisieren oder zu kontrollieren, welche Quellen zugänglich sind.
    • Effizienz in der Wissensarbeit: RAG ist besonders geeignet für Kontexte mit großen Dokumentenmengen (z. B. Support, Dokumentenmanagement, Chatbots), da das Modell nicht gezwungen ist, den gesamten Inhalt selbst zu „wissen“, sondern gezielt darauf zugreifen kann.
    • Kombinierbar mit LLMs und SLMs: RAG ist ein Konzept, das sich mit allerlei generativen Modellen kombinieren lässt und so deren Leistung in Hinsicht auf Faktentreue und Aktualität verbessern kann.

    LLM vs. SLM vs. RAG: Ein Vergleich

    Um die Unterschiede zwischen SLMs, LLMs und RAG auf einen Blick zu verdeutlichen, zeigt die folgende Tabelle ihre wichtigsten Merkmale im direkten Vergleich. Sie macht deutlich, wie sich die drei Ansätze in Leistungsfähigkeit, Ressourcenbedarf und Einsatzmöglichkeiten unterscheiden und wann welcher Ansatz strategisch sinnvoll ist.

    MerkmalLarge Language Model (LLM)Small Language Model (SLM)Retrieval-Augmented Generation (RAG)
    ParameteranzahlHunderte Milliarden bis einige BillionenWenige Millionen bis wenige MilliardenAbhängig vom zugrunde liegenden Modell (SLM oder LLM)
    RechenaufwandHoch: benötigt GPU-Cluster oder Cloud-UmgebungGering: läuft auf Standardhardware oder lokalMittel: Retrieval verursacht Zusatzaufwand, aber reduziert Modellabfragen
    Latenz / AntwortzeitHöher (Sekundenbereich, je nach Größe)Sehr niedrig (Millisekundenbereich)Variabel: hängt von Retrieval-Quelle und Modellgröße ab
    Energie- und KostenbedarfHoch: energieintensiv und teuer in der SkalierungNiedrig:effizient und günstig im BetriebMittel: zusätzliche Speicher- und Datenzugriffe
    WissensumfangSehr breit und generalistischEher begrenzt und domänenspezifischDynamisch: kombiniert Modellwissen mit externen Quellen
    AktualisierbarkeitNur durch Retraining des ModellsNur durch Retraining des ModellsHoch: neues Wissen kann über externe Datenquellen eingebunden werden
    Genauigkeit / FaktentreueSchwankt: anfällig für HalluzinationenHoch in spezialisierten BereichenSehr hoch: dank Zugriff auf verifizierte Quellen
    Datenschutz & KontrolleEingeschränkt: meist Cloud-basiertSehr gut: lokale Nutzung möglichGut: kann on-premises mit internen Daten betrieben werden
    AnwendungsbeispieleKreatives Schreiben, Codegenerierung, offene Chatbots, ForschungEdge-AI, Chatbots auf Geräten, Industriesysteme, domänenspezifische ToolsUnternehmenswissen, Dokumenten-Chat, Supportsysteme, Wissensmanagement
    IntegrationsaufwandMittel bis hoch: meist API-basierte AnbindungGering: leicht in Apps oder Geräte einbindbarHoch: erfordert Datenindizierung und Suchinfrastruktur

    Einsatzgebiete von LLMs, SLMs & RAG

    Unternehmen stehen heute vor der Herausforderung, die richtige KI-Technologie für ihre individuellen Anforderungen zu wählen. Dabei unterscheiden sich LLMs, SLMs und RAG-Architekturen nicht nur in ihrer technischen Komplexität, sondern vor allem in ihren strategischen Einsatzmöglichkeiten. Jede dieser Technologien bringt eigene Chancen und Grenzen mit sich – von der schnellen Prozessautomatisierung bis zur intelligenten Wissensarbeit.

    Large Language Models bieten dagegen den größten Spielraum für komplexe und kreative Aufgaben. Sie verstehen kontextreiche Fragestellungen, generieren hochwertige Texte und können als universelle Assistenten in nahezu allen Geschäftsbereichen eingesetzt werden, von Marketing und Kommunikation über Softwareentwicklung bis hin zur strategischen Analyse. Ihr Nachteil liegt in den hohen Kosten, der Abhängigkeit von Cloud-Diensten und der oft unklaren Datenherkunft. Für viele Unternehmen entsteht daher ein Spannungsfeld zwischen Leistungsfähigkeit und Compliance-Anforderungen. Dennoch können LLMs Produktivitätsgewinne bringen, etwa durch automatisierte Berichtserstellung, Ideengenerierung oder die Unterstützung in der Forschung und Entwicklung.

    Small Language Models eignen sich besonders für Organisationen, die Wert auf Effizienz, Datenschutz und Kostentransparenz legen. Da SLMs mit geringem Rechenaufwand arbeiten, lassen sie sich problemlos lokal oder in geschützten Intranet-Umgebungen betreiben, ideal für Unternehmen mit sensiblen Daten, etwa im Gesundheitswesen oder in der Industrie. Sie entfalten ihr Potenzial vor allem in spezialisierten Anwendungen, zum Beispiel bei der automatisierten Verarbeitung interner Dokumente, in Edge-Geräten für Produktionsanlagen oder als schlanke Chatbots in Kunden-Apps. Die Herausforderung liegt in ihrer begrenzten Wissensbasis: Ohne gezieltes Feintuning oder externe Anbindung stoßen SLMs schnell an ihre inhaltlichen Grenzen.

    Retrieval-Augmented Generation stellt schließlich einen Brückenschlag zwischen Sprachintelligenz und Unternehmenswissen dar. Durch die Kombination eines Sprachmodells mit einer Such- und Wissensdatenbank können Organisationen KI-Systeme schaffen, die auf aktuelle, interne und geprüfte Informationen zugreifen. Das macht RAG besonders wertvoll für wissensintensive Branchen wie Recht, Finanzen oder Beratung, in denen präzise und nachvollziehbare Antworten entscheidend sind. RAG-basierte Systeme können etwa interne Dokumente, Handbücher oder CRM-Daten auswerten und daraus gezielte, kontextbezogene Antworten generieren. Die Implementierung erfordert jedoch technisches Know-how und eine saubere Datenstruktur, bietet aber langfristig das größte Potenzial für skalierbare, faktenbasierte Unternehmens-KI.

    Fazit: Der kluge Einsatz zählt

    Nicht jedes Unternehmen braucht das größte Modell, um den größten Nutzen zu erzielen. Der wahre Erfolg liegt darin, die richtige Balance zwischen Leistungsfähigkeit, Effizienz und Kontrolle zu finden. Small Language Models zeigen, dass intelligente Automatisierung auch ohne Cloud-Infrastruktur möglich ist. Large Language Models eröffnen kreative und analytische Freiräume, die bislang menschlicher Expertise vorbehalten waren. Und RAG-Systeme ermöglichen den intelligenten Zugang zu aktuellem Unternehmenswissen.

    Wer die Stärken dieser Technologien versteht und gezielt kombiniert, kann KI von einem Trend in einen echten Wettbewerbsvorteil verwandeln. Denn die Zukunft gehört nicht unbedingt dem umfangreichsten, sondern dem passendsten Modell.

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    Mit umfassendem Fachwissen in Technologie und Wissenschaft bereitet unser AutorInnen-Team komplexe Themen klar und verständlich auf. In ihrer Freizeit widmen sie sich kreativen Projekten, erkunden neue Wissensgebiete und lassen sich von Forschung und Kultur inspirieren.

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