Die 10 Big Data Trends in der Versicherungsbranche

von | 14. Januar 2020 | Grundlagen

Die 10 Top Big Data Trends in der Versicherungsbranche haben wir identifiziert und präsentieren spannende Trends in zwei Teilen. Im ersten Teil hier geht es zum einen um Zukunftstrends im Marketing und Sales. Zum anderen geht werden Prozessverbesserungstrends in der Versicherungsbranche beleuchtet.

Beim Einsatz von Big Data und Data Science kristallisieren sich immer stärker die erfolgreichen Use Cases heraus. Kritisch für den Einsatz von Big Data und Data Science ist nach wie vor die Datenlage. Viele Unternehmen müssen beispielsweise nach der ersten Sondierung feststellen, dass sie zunächst Teile ihrer Datenbestände digitalisieren, Datensilos abbauen oder noch weitere Daten erheben müssen.

Big-Data-Analysen treten gerade in der Versicherungsbranche zunehmend ins Zentrum datengetriebener Geschäftsmodelle. Mit Data Science lassen sich Kunden und Interessenten zielgerichteter ansprechen und deren Customer Journey steuern. Innovative Big-Data-Ansätze ermöglichen es, Optimierungspotenziale der üblichen Versicherungsprozesse auszuschöpfen.

1. AI-gestützte Cloud-Plattformen

AI-gestützte Cloud-Plattformen treten an die Stelle von On-Premise-Lösungen. Big-Data-Analysen werden mehr und mehr zum Standard-Tool. Beispielsweise bei der Bewertung von Risiken, der Schadensanalyse oder zur Kundensegmentierung – die Analyse von großen Datenmengen bringt hier entscheidende Vorteile. Dabei ist es nicht nur entscheidend, dass standortübergreifend auf alle relevanten Daten zugegriffen werden kann. Aufgrund der immer größer werdenden Datenvolumina ist es nötig, diese optimal zu organisieren und bereitzustellen.

Dabei spielen immer öfter AI-Lösungen eine wichtige Rolle. Cloud-Dienste, die AI und Machine Learning nutzen, um Daten aufzubereiten, werden daher in Zukunft über die Performanz und die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen entscheiden.

2. Simplified Underwriting mit Predictive Analytics

Eine zeit- und entsprechend kostenintensive Arbeit beim Abschluss einer Versicherung stellt die genaue Risikoprüfung dar. Für diese sind sehr detaillierte Informationen nötig, die bisher noch mit umfangreichen Fragebögen gesammelt werden müssen. In der Regel erfolgt dieser Vorgang noch nicht vollständig digitalisiert. Je nach Art der Versicherung handelt es sich dabei nach wie vor um einen langwierigen, z.T. analogen Prozess.

Im Fall von Kranken- und Pflegezusatzversicherung müssen beispielsweise Fragebögen zu Vorerkrankungen ausgefüllt, medizinische Untersuchungen durchgeführt und in manchen Fällen auch Labortests ausgewertet werden. Um hier effizienter vorzugehen, lohnt es sich, eine Kategorisierung der Kunden vorzunehmen.

Low-Risk-Kunden werden in Zukunft mit prädiktiven Algorithmen anhand von umfangreichen Profil- und Verhaltensdaten identifiziert. Diesen Kunden kann damit ein vereinfachter Prozess zur Risikoprüfung angeboten werden. Durch diese Maßnahme werden sowohl die Customer Experience als auch die internen Prozesse verbessert. Predictive Analytics vereinfach somit das den Policierungsprozess.

3. AI-gestütztes Claim Management

Ein weiterer aufwändiger Prozess bei Künstlicher Intelligenz in der Versicherungsbranche stellt die Bewertung von Versicherungsansprüchen dar. Die Bewertung setzt Informationen aus heterogenen, teilweise analogen Kundendokumenten voraus. Das stellt Versicherer vor zwei Herausforderungen: Die Analyse der Unterlagen ist zum einen sehr zeitintensiv und zum anderen ist deren Digitalisierung sehr aufwändig.

Eine Lösung dieses Problems ist der Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI), genauer gesagt, der Einsatz Maschinellen Lernens. Lernfähige Erkennungsalgorithmen helfen Versicherungen dabei, Dokumenttypen zu klassifizieren und besonders wichtige Abschnitte zu identifizieren.

Digitale Bildverarbeitungs– und Texterkennungsalgorithmen erschließen zudem ein großes Automatisierungspotenzial, wenn es um die Auswertung von analogen Dokumenten geht. AI-unterstütztes Claim Management führt damit zu einer größeren Effizienz im Nachforderungsmanagement.

4. Customer Clustering zur optimalen Kundenansprache

Ein weiterer wichtiger Vertreter der Big Data Trends ist Customer Clustering. Während es bei der Bedarfsprognose um die Vorhersage von zukünftigen Ereignissen geht, ist das Ziel von Customer Clustering ein besseres Verständnis der verfügbaren Daten. Denn ein weiteres wichtiges Element bei einer gezielten und optimierten Kundenansprache stellt die Identifikation von relevanten Kundengruppen dar. Dabei ist die Ermittlung der Kriterien einer sinnvollen Kundensegmentierung für Vertriebs- und Marketingzwecke oft schwer.

In diesem Fall werden sogenannte „Unsupervised Machine Learning“-Techniken benutzt. Dabei erkennt ein Algorithmus Ähnlichkeiten in großen Datensätzen, ohne dass ihm wie bei der Bedarfsprognose von außen bestimmte Zielwerte vorgegeben werden.

Dafür wird eine Kombination aus Bestandsdaten und externen Daten verwendet, in denen Gemeinsamkeiten erkannt und gruppiert werden sollen (Clustering). Die Ergebnisse dieses Prozesses führen zu einer Kundensegmentierung, die dazu genutzt werden kann, die jeweilige Kundengruppe optimal anzusprechen.

5. Customer Lifetime Value

Es ist eine Binsenweisheit, dass sich unser Leben schnell und gravierend ändern kann. Heute gilt dieser Satz umso mehr, als dass sich die Lebensumstände mit einer noch höheren Wahrscheinlichkeit massiv ändern werden. Kaum jemand von den jüngeren Generationen wird ein Leben lang einen einzigen Beruf ausüben.

Zu einer schwierigen Herausforderung wird dieser Umstand dann, wenn Versicherungen Produkte anbieten, die ihre Kunden ein Leben lang begleiten. Umso wichtiger ist es heute, Kundenpotenziale für die gesamte Lebensdauer zu bewerten.

Die Berechnung des Customer Lifetime Value hilft Versicherungen in dieser Situation: Kundenspezifische Profile ermöglichen die Schätzung des Kundenwerts und rechtfertigen Investitionen in deren langfristige Bindung. Dabei reichen Bestandsdaten nicht aus, um solche Profile zu bilden. In der Regel müssen externe Datenressourcen herangezogen werden, um die Daten entsprechend anzureichern. So gelingt eine exakte Kundenbewertung anhand von genaueren Profilen.

6. Kundenspezifische Bedarfsprognose: Life-Changing Events

Kundenspezifische Bedarfsprognosen eignen sich beispielsweise für den Verkauf von Lebensversicherungen. In der anhaltenden Niedrigzinsphase steigt die Vielfalt an Lebensversicherungen, um diese weiterhin attraktiv zu gestalten. Zudem werden diese in sehr unregelmäßigen Intervallen gekauft – manchmal nur einmal im Leben.

Umso wichtiger wird es für Versicherer und deren Marketing- und Sales-Abteilungen, die entscheidenden Momente im Leben zu erkennen, in denen eine Lebensversicherung interessant wird. Die Kaufentscheidung erfolgt häufig nach lebensverändernden Ereignissen wie dem Erreichen eines bestimmten Alters, der Heirat oder der Geburt eines Kindes.

7. Sachversicherung: Das Smart-Home-Konzept verändert die Anforderungen an moderne Versicherungen

Neben der Energieeinsparung ist die Sicherheit in einem Smart Home das wichtigste Argument für Kunden. Das stellt für Versicherungen eine große Chance dar. Sie können Hausüberwachungsdienste mit Wohngebäudeversicherungen bündeln und ihren Kunden so ein stimmiges Gesamtpaket anbieten. Intelligente Algorithmen können ungewöhnliche Ereignisse erkennen, indem sie in Sensordaten Auffälligkeiten identifizieren, die von regelmäßigen Mustern abweichen.

So kann das Auftreten eines Schadens frühzeitig indiziert und im besten Fall sogar vermieden werden. Beispielsweise überwachen Sensoren in Wasserleitungen den Druck und Wasserdurchfluss. Ein Schaden an der Leitung, der ein permanentes oder großes Austreten von Wasser zur Folge hat, kann somit schnell erkannt und ein Wasserschaden vermieden werden.

Darüber hinaus können Versicherungen ihren Kunden eine mobile App anbieten, die den Kunden über das Schadensrisiko – wie zum Beispiel durch bestimmte Wetterereignisse oder einen eingeschalteten Herd – informiert.

Individuelle Zusatzversicherungen können in diesem Rahmen angeboten werden und die erste Kommunikation in einem Schadensfall kann direkt über die App laufen. Die Möglichkeiten, den Kunden zusätzliche Serviceangebote anzubieten, sind vielfältig: Ebenso denkbar sind Assistance Services“ wie der automatisierte Anruf bei einem Reparaturservice.

8. Gesundheitsversorgung und Krankenversicherung: Das Healthy-Living- und Fraility-Care-Konzept

Im Rahmen der Gesundheitsversorgung und -versicherung werden immer mehr Lösungen entwickelt, die auf neuen Technologien und Datenanalysen basieren. Das sogenannte „Healthy-Living-Konzept“ kombiniert dabei Gesundheitsversicherung und krankheitspräventive Dienstleistungen.

Neue Technologien und Data Science gehen dabei Hand in Hand: Healthcare Wearables wie beispielsweise Fitness-Tracker oder Smart Watches generieren biometrische Daten, deren Analysen Aufschluss über den Gesundheitszustand seiner Träger geben.

Wearables können beispielsweise auch registrieren, ob sich ein Patient lange nicht bewegt hat und liefert so einen Indikator über dessen gesundheitliches Befinden. In diesen Zusammenhang reiht sich auch das Fraility-Care-Konzept ein, bei dem die Gesundheitsversorgung von älteren, gebrechlichen oder schwachen Menschen im Fokus steht.

Medizinische Geräte und Sensoren liefern auch hier die Grundlage für Ferndiagnosen. Sobald ein potenziell gesundheits- oder sogar lebensgefährliches Ereignis eintritt oder sich auch nur anbahnt, können präventiv Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Sensoren können beispielsweise einen unregelmäßigen Herzrhythmus nicht nur registrieren, sondern ein Signal auslösen, welches das zuständige Pflegepersonal, Angehörige oder Ärzte informiert.

9. KI und Deep Learning in der Medizin: Second Medical Opinion

Verschiedene Studien kommen zu dem Ergebnis, das durchschnittlich 15 % – 20 % aller Diagnosen (Quelle: spiegel.de) falsch sind. Durch die großen Fortschritte im Bereich der künstlichen Intelligenz in der Medizin in den letzten Jahren können die Fehldiagnosen künftig reduziert werden. Das führt uns direkt zu unserem neunen Data Science Trend: Second Medical Opinion dank intelligenter Algorithmen, die in wenigen Minuten viele Millionen Fälle miteinander vergleichen oder Bild- und Textdatenbanken mit existierenden Diagnosen einbeziehen können.

Ärzte können in Zukunft ihre Diagnosen so untermauern oder überprüfen lassen. Patienten steht auf diese Weise die Möglichkeit zur Verfügung, mit geringem Aufwand eine zweite Meinung einzuholen. Dadurch steigt die Sicherheit, rechtzeitig die richtige Diagnose zu erhalten.

Second Medical Opinion bedeutet für Versicherungen ein enormes Einsparpotenzial. Nicht nur die Anzahl von Fehlbehandlungen können durch den Einsatz von KI reduziert werden, sondern auch die damit verbundenen Rechtsstreitigkeiten und Schadensersatzforderungen werden drastisch reduziert.

10. Kfz-Versicherung

Ein weiterer wichtiger Vertreter der Data Science Trends sind Telematik-Tarife. In einem Connected Car sind zahlreiche Sensoren verbaut, die unter anderem Aufschluss über den Fahrstil des Fahrers geben. Auch ältere Fahrzeuge lassen sich mithilfe einer Box, die entsprechende Daten liefert, zu einem vernetzten Auto aufrüsten.

Bei Telematik-Tarifen in der Versicherungsbranche erklären Versicherte sich dazu bereit, Daten über ihr Fahrverhalten an eine Versicherung zu übermitteln. Diese wiederum bietet vergünstigte Tarife oder Prämien an, sollten die Daten auf ein entsprechend sicheres Fahrverhalten verweisen. Dazu werden beispielsweise Faktoren wie Einhaltung der Höchstgeschwindigkeiten sowie das Brems- und Beschleunigungsverhalten beurteilt, aber auch andere Faktoren wie die Nutzungs- und Standzeiten einbezogen.

Besonders Fahranfänger, die aufgrund ihrer Risikogruppe höhere Beiträge bezahlen müssen, können von Telematik-Tarifen profitieren – sogar in doppelter Hinsicht. Einerseits sinken ihre Beiträge, wenn sie ihre Daten an die Versicherung übermitteln. Andererseits gewöhnen sie sich einen sicheren Fahrstil an und tragen somit insgesamt zur Steigerung der Sicherheit des Straßenverkehrs bei.

Fazit

Die Trends für die Versicherungsbranche sollen das breite Spektrum abbilden, in dem es bereits zu massiven Veränderungen gekommen ist und künftig noch kommen wird. Die Digitalisierung und die Entwicklung von neuen, digitalen Technologien stellt für Versicherungen eine große Chance dar.

Daraus ergeben sich Vorteile sowohl für die Versicherungen selbst, aber auch für ihre Kunden: Risiken lassen sich besser als je zuvor berechnen und Preise für datengetriebene Produkte entsprechend anpassen.

Daten geben dabei Aufschluss über die Lebensführung und eröffnen Verbesserungspotenziale. Die Big Data Trends in der Versicherungsbranche zeigen, dass diese einen wertvollen Beitrag leisten können, um die digitale Transformation zu bewältigen, um auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben.

Case Studie KI bei Munich Re

Case Study:

Data Operations bei der Munich Re

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Autor:innen

Michaela Tiedemann

Michaela Tiedemann ist seit den jungen Startup Tagen der Alexander Thamm GmbH mit im Team. Sie hat die Entwicklung vom schnelllebigen, spontanen Startup hin zum erfolgreichen Unternehmen aktiv mitgestaltet. Mit der Gründung einer eigenen Familie begann für Michaela Tiedemann dann parallel dazu ein ganz neues Kapitel. Den Job an den Nagel zu hängen, kam für die frisch gebackene Mutter aber nicht in Frage. Stattdessen entwickelte sie eine Strategie, wie sie ihre Stelle als Chief Marketing Officer mit ihrer Rolle als Mutter in Einklang bringen kann.

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