Zurück

Künstliche Neuronale Netze: Kompakt erklärt

  • Veröffentlicht:
  • Autor: [at] Redaktion
  • Kategorie: Grundlagen
Inhaltsverzeichnis
    Neural Networks, Künstliche Neuronale Netzwerke, ein menschliches Gehirn im Zentrum eines schematischen Netzwerks
    Alexander Thamm GmbH 2025, GAI

    Künstliche neuronale Netze (kurz KNN) sind eine der zentralen Technologien im Bereich der Künstlichen Intelligenz und des maschinellen Lernens. Inspiriert vom menschlichen Gehirn, haben sie sich als leistungsstarke Werkzeuge erwiesen, die komplexe Aufgaben wie Bild- und Spracherkennung, autonomes Fahren, personalisierte Empfehlungen und Betrugserkennung bewältigen können. 

    Mit der Fähigkeit, riesige Datenmengen zu analysieren und aus ihnen Muster zu extrahieren, spielen künstliche neuronale Netze eine entscheidende Rolle in zahlreichen industriellen und wissenschaftlichen Anwendungen. Dabei werden verschiedene Typen von neuronalen Netzwerken eingesetzt, die jeweils auf spezifische Anforderungen abgestimmt sind und die Effizienz und Genauigkeit der Systeme erheblich steigern.

    Was sind künstliche neuronale Netze?

    Als künstliche neuronale Netze werden Modelle der künstlichen Intelligenz beschrieben, die sich an der Funktionsweise biologischer Gehirne orientieren. Sie sind dem Teilbereich des maschinellen Lernens (kurz ML) zuzuordnen, welcher auf automatisierte Mustererkennung und Datenanalyse abzielt. Künstliche neuronale Netze zählen zu den fortgeschrittenen Algorithmen innerhalb des sogenannten „Deep Learning“ – einer spezifischen Art des maschinellen Lernens. Dabei kommen besonders tiefe (mehrschichtige) neuronale Netzwerke zur Anwendung, um komplexe Datenstrukturen und -muster zu erkennen.
     

    Ein künstliches neuronales Netz besteht aus einer Vielzahl von Knoten oder „Neuronen“, die in Schichten (Layer) angeordnet sind. Diese Vielzahl an Schichten ist namensgebend für das „tiefe Lernen“ bzw. Deep Learning. Die Neuronen simulieren dabei die Verarbeitungseinheiten im Gehirn und lernen, Zusammenhänge in großen Datenmengen zu erkennen und zu verarbeiten. Im Vergleich zu herkömmlichen maschinellen Lernmethoden, die oft nur auf wenigen Merkmalen basieren, ermöglichen neuronale Netze eine automatische Feature-Extraktion und -Verarbeitung, wodurch sie sich besonders für komplexe Anwendungen, wie Bilderkennung oder Sprachverarbeitung, eignen.

    Funktionsweise

    Künstliche neuronale Netze bestehen aus drei Hauptkomponenten: der Eingabeschicht (Input Layer), den versteckten Schichten (Hidden Layers) und der Ausgabeschicht (Output Layer). Diese Schichten sind durch Neuronen oder Knoten verbunden, die jeweils spezifische Gewichtungen besitzen und über sogenannte Aktivierungsfunktionen gesteuert werden.

    Eingabeschicht:

    In der Eingabeschicht werden die Rohdaten dem Netzwerk zugeführt. Jedes Neuron in dieser Schicht repräsentiert eine Eingabevariable und dient als Ausgangspunkt der Informationsverarbeitung. Beispielsweise kann ein Bild in Form von Pixelwerten in die Eingabeschicht eingespeist werden.

    Versteckte Schichten:

    Die versteckten Schichten sind für die Verarbeitung und Transformation der Eingabedaten verantwortlich. In diesen Schichten finden die Berechnungen statt, die es dem Netzwerk ermöglichen, Muster zu erkennen und komplexe Zusammenhänge zu verarbeiten. Jede Verbindung zwischen den Neuronen trägt eine Gewichtung, welche bestimmt, wie stark der Output eines Neurons das nächste beeinflusst. Durch die Vorwärtspropagation werden die Daten durch das Netzwerk geleitet. 

    Im sogenannten Backpropagation-Prozess fließen die Fehler während des Trainings rückwärts durch das Netzwerk, um so die Gewichtungen anzupassen, indem sie gestärkt oder geschwächt und somit optimiert wird. Zur Durchführung der Backpropagation bzw. Fehlerrückführung muss während des Trainings ein externer Lehrer vorliegen, welcher zu jeder Eingabe den gewünschten Zielwert kennt. Der zu minimierende Fehler beschreibt dabei die Abweichung zwischen dem gewünschten Zielwert und dem erreichten Ausgabewert des Künstlichen neuronalen Netzes.

    Ausgabeschicht:

    Die Ausgabeschicht liefert das endgültige Ergebnis des Netzes. Je nach Anwendung kann die Ausgabe ein Wert, eine Klasse oder eine Wahrscheinlichkeitsverteilung sein. Beispielsweise könnte ein Künstliches neuronales Netz in einem Klassifikationsproblem vorhersagen, ob ein Bild eine Katze oder einen Hund darstellt.

    Der Lernprozess eines Künstlichen neuronalen Netzes basiert auf der Optimierung der Gewichtungen und der zuvor beschriebenen Minimierung der Fehler durch iterative Anpassungen. Diese Optimierung erfolgt häufig mittels des „Gradientenabstiegs“, einer Methode, bei der die Fehler in den Gewichtungen schrittweise korrigiert werden, um die bestmögliche Lösung zu finden. Dank dieser selbstlernenden Fähigkeit sind künstliche neuronale Netze in der Lage, aus großen Datenmengen zu lernen und komplexe Aufgaben zu lösen.

    Typen von künstlichen neuronalen Netzen

    In den vergangenen Jahren haben sich künstliche neuronale Netze stark diversifiziert, um speziellen Anforderungen und Datenstrukturen gerecht zu werden. Daraus gingen unterschiedliche Typen hervor, welche auf bestimmte Aufgaben zugeschnitten sind:

    Feedforward Neural Networks (FFNN)

    Feedforward-Netzwerke stellen die grundlegendste Form von künstlichen neuronalen Netzen dar. Informationen werden dabei nur in eine Richtung, von der Eingabeschicht über eine oder mehrere versteckte Schichten zur Ausgabeschicht, weitergeleitet. In jedem Neuron der versteckten Schicht erfolgt eine gewichtete Summierung der Eingaben. Diese Summe wird durch eine Aktivierungsfunktion verarbeitet und an die nächste Schicht weitergegeben. Es gibt keine Rückkopplungen, was die Netzstruktur einfach und gut für Anwendungen wie die Klassifikation und einfache Mustererkennung einsetzbar macht.

    Convolutional Neural Networks (CNN)

    Convolutional Neural Networks sind speziell für die Verarbeitung und Erkennung visueller Daten konzipiert. Diese als faltungsneuronal benannte Netze nutzen sogenannte Faltungsschichten, um räumliche Hierarchien in Bildern zu erkennen. Dabei basieren sie auf der Idee der Faltung (engl. Convolution), einer mathematischen Operation, die es ermöglicht, Merkmale wie Kanten, Texturen und komplexe Formen aus Bilddaten zu extrahieren. 

    Neben den Faltungschichten kommen Pooling-Schichten zur Anwendung, welche die Größe der Daten und damit die Rechenleistung reduzieren, indem sie das Bild „verdichten“, dabei aber wichtige Merkmale erhalten. Convolutional Neural Networks sind besonders erfolgreich in Bereichen wie der Bilderkennung, der medizinischen Bildanalyse und der Videoverarbeitung.

    Recurrent Neural Networks (RNN)

    Rekurrente neuronale Netze beschreiben Netzwerke mit einer Rückkopplung, die es ihnen ermöglicht, Informationen aus vorhergehenden Zuständen zu speichern und zu verarbeiten. Dadurch sind sie besonders geeignet für zeitabhängige Daten und Sequenzaufgaben, wie die Sprachverarbeitung und Zeitreihenanalyse. 

    Der Lernprozess in rekurrenten neuronalen Netzen gestaltet sich jedoch aufgrund der Rückkopplungsschleifen oftmals als herausfordernd und erfordert spezielle Optimierungsprozesse, um das sogenannte „Vanishing Gradient Problem“ zu vermeiden. Dieses Problem tritt vorwiegend in Netzen mit einer Vielzahl an versteckten Schichten auf. Ein populäres Beispiel zum Einsatz von rekurrenten neuronalen Netzen ist die Textgenerierung, bei der das Netzwerk durch Rückkopplungen den Kontext vorheriger Wörter berücksichtigt, um einen sinnvoll fortlaufenden Text zu erzeugen.

    Long Short-Term Memory (LSTM)

    Langzeit-Kurzzeitgedächtnis-Netze sind eine erweiterte Form der rekurrenten neuronalen Netze, die besonders für Langzeitabhängigkeiten in Sequenzen entwickelt wurden. Sie können Daten über längere Zeiträume speichern und dadurch besser auf Aufgaben reagieren, die kontextuelle Informationen erfordern, wie die Übersetzung natürlicher Sprache oder das Verstehen von Zusammenhängen in langen Texten. Dank spezieller Speichereinheiten namens „(Gedächtnis)Zellen“ und deren „Gates“ können Langzeit-Kurzzeitgedächtnis-Netze sich auf relevante Informationen konzentrieren und unwichtige Informationen ignorieren. Durch diese Fähigkeit sind sie darauf ausgelegt, das zuvor beschriebene „Vanishing Gradient Problem“ von rekurrenten neuronalen Netzen zu umgehen.

    Anwendungsbereiche

    Künstliche neuronale Netze haben sich bereits in einigen Branchen etabliert, in denen sie komplexe Probleme lösen, Muster in großen Datenmengen erkennen und Vorhersagen treffen:

    Bildverarbeitung

    In der Bildverarbeitung sind insbesondere Convolutional Neural Networks entscheidend für Anwendungen wie die Gesichtserkennung, medizinische Bildanalyse und Objekterkennung. Sie werden in der Regel trainiert, um spezifische Muster in Bildern zu identifizieren. Nach einer Vorverarbeitung der Bilddaten kommt es zur Extraktion von Merkmalen durch Faltungsschichten, um so die einzelnen Merkmale zu erkennen. Anschließend wird oftmals durch sogenanntes Pooling die Bildgröße reduziert, sodass nur mehr relevante Informationen übrig bleiben. Abschließend kommt es zur Klassifikation und Interpretation der Daten. 

    Im Gesundheitswesen hilft etwa die gestützte Bildanalyse durch künstliche neuronale Netze Ärzten, Tumore oder Anomalien in MRT-Scans zu erkennen, indem das Netzwerk auf eine Vielzahl von Bildern trainiert wird, die als krankhaft oder gesund klassifiziert sind. Die Nutzung von Convolutional Neural Networks zur Erkennung solcher Muster hat die Diagnosegeschwindigkeit und Genauigkeit signifikant verbessert und trägt dazu bei, lebensrettende Behandlungen schneller einzuleiten. 

    Spracherkennung

    Für die Spracherkennung und -verarbeitung sind primär rekurrente neuronale Netze und Langzeit-Kurzzeitgedächtnis-Netze besonders nützlich, da sie zeitliche Abhängigkeiten in Sprachdaten erkennen können. Analog zum Einsatz bei der Bildverarbeitung kommt es auch beim Sprachverarbeitungsprozess zu einer Vorverarbeitung der Daten. Anschließend analysieren die künstlichen neuronalen Netze das Audiosignal in einer zeitlichen Sequenz, wobei frühere Teile der Sequenz bei der Verarbeitung der folgenden Teile berücksichtigt werden. Dies ist notwendig, um den Kontext in zusammenhängenden Sätzen zu verstehen. 

    Im letzten Schritt erfolgt wieder die Erkennung und Klassifizierung der Inhalte. Dies ermöglicht eine schnelle und effiziente Kommunikation zwischen Mensch und Maschine und bietet somit eine intuitive und benutzerfreundliche Schnittstelle für eine Vielzahl von Anwendungen. Dadurch werden diese Netze beispielsweise in digitalen Assistenten wie Siri, Alexa oder Google Assistant verwendet, um gesprochene Sprache in Echtzeit in Text umzuwandeln und kontextbasierte Antworten zu geben. 

    Autonomes Fahren

    Im Bereich des autonomen Fahrens spielen künstliche neuronale Netze eine zentrale Rolle, da sie für die Echtzeitanalyse von Daten aus verschiedenen Sensoren und Kameras verantwortlich sind. Dazu kombinieren autonome Fahrsysteme mehrere neuronale Netzwerke. Die Sensoren eines autonomen Fahrzeugs (z. B. Kameras, Lidar, Radar) sammeln kontinuierlich Umgebungsdaten, die dann durch Convolutional Neural Networks analysiert werden, um Objekte und Verkehrssituationen zu identifizieren. Diese Informationen werden an Steuerungsnetze übermittelt, die entscheiden, wie das Fahrzeug reagieren soll.

    Die Nutzung von künstlichen neuronalen Netzen in autonomen Fahrzeugen erhöht somit die Fahrsicherheit, da sie in der Lage sind, Situationen schneller und zuverlässiger zu erkennen und zu analysieren als ein Mensch. Dies kann zur Senkung des Risikos von Verkehrsunfällen führen und könnte langfristig dazu beitragen, die Mobilität für Personen zu verbessern, die möglicherweise selbst nicht in der Lage sind, ein Fahrzeug zu lenken.

    Betrugserkennung und Finanzwesen

    In der Finanzbranche können künstliche neuronale Netze dabei helfen, betrügerische Aktivitäten in Echtzeit zu erkennen, Kreditrisiken zu analysieren und Marktentwicklungen vorherzusagen. Dafür werden rekurrente neuronale Netze eingesetzt, die darauf trainiert sind, untypische Verhaltensmuster zu identifizieren. Sie können Sequenzen in Daten analysieren und so auffällige Entwicklungen in Echtzeit bemerken. Die Echtzeiterkennung von betrügerischen Aktivitäten schützt Banken und ihre Kunden vor finanziellen Verlusten. Die Netzwerke lernen ständig dazu und passen sich neuen Betrugsstrategien an, wodurch sie das Finanzsystem sicherer und effizienter machen können. Zudem verbessert die automatisierte Risikoanalyse durch künstliche neuronale Netze die Kreditvergabe, da potenzielle Risiken genauer bewertet und eingestuft werden können.

    Übersetzungsdienste und Sprachmodelle

    In der natürlichen Sprachverarbeitung (Natural Language Processing; NLP) finden künstliche neuronale Netze breite Anwendung, insbesondere in Übersetzungsdiensten wie Google Translate oder Sprachmodellen wie ChatGPT. Hier kommen oft rekurrente Netze zum Einsatz, die Sprachstrukturen analysieren und kontextbezogene Übersetzungen und Antworten generieren können. Dabei werden Textdaten in mehreren Ebenen analysiert, welche Wortbeziehungen und Kontext in großen Textmengen berücksichtigen. 

    Langzeit-Kurzzeitgedächtnis-Netze erlauben es dem Modell, die Bedeutung von Wörtern im Kontext zu erfassen, um natürliche Sprache zu verstehen und zu erzeugen. Die Übersetzungsdienste nutzen diese Netze, um die Eingabesprache automatisch zu erkennen, sie in der gewünschten Zielsprache wiederzugeben und dabei grammatikalisch und inhaltlich sinnvolle Übersetzungen zu gewährleisten. Künstliche neuronale Netze ermöglichen somit eine fließende Kommunikation zwischen verschiedenen Sprachen und sind in der globalisierten Welt essenziell, da sie Sprachbarrieren senken und den Wissensaustausch fördern.

    Fazit

    Künstliche neuronale Netze haben sich zu einer unverzichtbaren Technologie entwickelt, die unsere Lebens- und Arbeitsweise nachhaltig verändert. Durch ihre Fähigkeit, komplexe Muster in Daten zu erkennen und Entscheidungen in Echtzeit zu treffen, steigern sie die Effizienz und Präzision in unterschiedlichsten Bereichen – von der Medizin über das autonome Fahren bis zu Finanzdienstleistungen und dem Kundenservice. 

    Die Vielseitigkeit und Anpassungsfähigkeit von künstlichen neuronalen Netzen machen sie zu einem zentralen Bestandteil moderner KI-Systeme, die Lösungen für einige große Herausforderungen unserer Zeit bieten. Die Vielzahl und Spezialisierung der Netztypen zeigen, dass sie flexibel auf verschiedenste Anwendungsfelder zugeschnitten werden können, was ihre Effizienz und Effektivität deutlich erhöht.

    Diesen Beitrag teilen:

    Autor

    [at] Redaktion

    Mit umfassendem Fachwissen in Technologie und Wissenschaft bereitet unser AutorInnen-Team komplexe Themen klar und verständlich auf. In ihrer Freizeit widmen sie sich kreativen Projekten, erkunden neue Wissensgebiete und lassen sich von Forschung und Kultur inspirieren.

    X

    Cookie Freigabe

    Diese Website verwendet notwendige Cookies zur Sicherstellung des Betriebs der Website. Eine Analyse des Nutzerverhaltens durch Dritte findet nicht statt. Detaillierte Informationen über den Einsatz von Cookies finden Sie in unseren Datenschutzerklärung.