Deep Learning in der Praxis: 5 Anwendungsfälle für Deep-Learning-Algorithmen

von | 8. Mai 2020 | Grundlagen

Deep Learning ist eine Data-Science-Methode, die insbesondere im Zusammenhang mit Künstlicher Intelligenz und Machine Learning eine große Bedeutung spielt. Immer mehr Anwendungen im Alltag wie Gesichtserkennungssoftware in Smartphone-Kameras nutzen diese Methode. In diesem Blog-Artikel erklären wir anhand von fünf praktischen Anwendungsfällen die hohe Relevanz von Deep Learning.  

Was ist Deep Learning?

Deep Learning („tiefgehendes Lernen“) ist eine spezielle Klasse von Optimierungsmethoden von künstlichen neuronalen Netzwerken. Darum werden sie manchmal auch als „Deep Neural Networks“ bezeichnet. Der wesentliche Unterschied besteht in der Komplexität der Zwischenschichten, den sogenannten „hidden layers“.

Deep Learning wurde aus zwei Gründen in den letzten Jahren zu einem der zentralen Entwicklungstreiber im Bereich Künstliche Intelligenz: Erstens, weil es besonders gute Ergebnisse erzielt, wenn große Datenmengen (Big Data) verfügbar sind, mit denen neuronale Netze trainiert werden. Und zweitens, weil mit den Deep-Learning-Algorithmen intellektuelle und mentale Prozesse darstellbar wurden, von denen lange angenommen wurde, dass sie dem Menschen vorbehalten sind.

einem Deep-Learning-Algorithmus bzw. einem Deep Neural Network
Quelle: rsipvision.com 

Bei einem Deep-Learning-Algorithmus bzw. einem Deep Neural Network gibt es zwischen der Eingabe- und der Ausgabeschicht zahlreiche Zwischenschichten (engl. „hidden layers“).

Zwei der prominentesten Beispiele sind Sprach- und Gesichtserkennung. Siri, Cortana & Co., Chatbots oder die neue Google Bildsuche sind Anwendungsbeispiele, die es ohne DL nicht gäbe. Die Algorithmen von Chatbots lernen beispielsweise mit jeder Frage, die ihnen gestellt wird, dazu und verbessern sich so selbst. Gerade diese Lernfähigkeit von Deep-Learning-Algorithmen zeichnet sie gegenüber „normalen“ künstlichen neuronalen Netzen aus.

Beispiel zur Erklärung

Im Film“Her“ konfrontiert Spike Jonze seine Zuschauer mit einer Form von Künstlicher Intelligenz, mit der Menschen nicht nur auf ganz natürliche Weise sprechen können, sondern in die man sich sogar verlieben kann. Deep Learning ist ein zentraler Schlüssel, mit dem es gelingen kann, dass wir in Zukunft tatsächlich mit digitalen Persönlichkeiten interagieren können.

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Denn wer heute versucht mit digitalen Assistenten wie Siri oder Alexa ein Gespräch zu führen, wird merken, wie schnell hier die Grenzen des Möglichen erreicht sind. Die menschliche Sprache zu verstehen und zu imitieren, stellt für Computer immer noch eine der größten Herausforderungen dar. Gleichzeitig sind die Fortschritte, die in diesem Bereich gemacht werden, enorm.

Deep-Learning-Studie
© [at]

Wie Deep-Learning-Algorithmen Sprache und Bilder verstehen können

0 und 1, Ja oder Nein – das ist die binäre Grundoperation, auf der die gesamte IT basiert. Um Sprache oder Bilder zu verstehen, sind extrem viele Graustufen, Ambivalenzen und komplexe Verstehensprozesse notwendig. Deswegen ist DL ein vielversprechender Weg, der es in Zukunft möglich machen könnte, dass genau das erreicht werden kann.

Eine der großen Stärken von diesen Algorithmen zeigte sich in den letzten Jahren beispielsweise im Bereich der Bilderkennung und Videoanalyse. Die Lernfähigkeit dieser Klasse von Algorithmen ermöglichte es ihnen, kontinuierlich zu lernen, den Inhalt von Bildern zu verstehen. Die folgende Darstellung zeigt in vereinfachter Form, wie ein Deep-Learning-Algorithmus etwas „sieht“.

Bilderkennung mit Deep Learning
Deep-Learning-Algorithmen zerlegen Bilder in kleinste bedeutungsunterscheidende Bestandteile und lernen so, dargestellte Inhalte zu erkennen. Quelle: spektrum.de

Beispiel 1: Analyse von Bilddaten bei Krankheitsdiagnosen

Eines der prominentesten Einsatzgebiete von Deep-Learning-Algorithmen ist der Bereich der Bilderkennung. Hier konnten in den letzten Jahren insbesondere im Feld der Medizin beeindruckende Fortschritte erzielt werden. Diese Algorithmen können mit Bilddaten unterschiedlichster Art trainiert werden – dadurch erschließen sich ganz unterschiedliche Anwendungsbereiche und Algorithmen können darauf trainiert werden, Röntgenbilder oder CT-Aufnahmen auf Anomalien hin zu untersuchen.

So können sie Ärzte bei der Diagnose von Krankheiten unterstützen. Denn selbst wenn Spezialisten viele Jahre Erfahrung gesammelt haben, sie können niemals die gleiche Menge an Bilddaten sichten, die beim Training zum Einsatz kommen. Datensets, die zum Training von Deep-Learning-Algorithmen zum Einsatz kommen, können viele Millionen Bilder umfassen. Kein Wunder also, dass intelligente Analyseprogramme auf der Basis von Deep Learning besser sehen als Menschen.

Beispiel 2: Sales- und Aftersales

Im Bereich Sales und Aftersales dient Deep Learning durch Sprach- und Sentimentanalyse zur Verbesserung der Customer Experience. Aber nicht nur Bilder in statischer oder auch in bewegter Form können als Grundlage zum Training von Deep-Learning-Algorithmen verwendet werden. Auch Sprache in Form von Texten oder der natürlichen, gesprochenen Sprache können intelligente Algorithmen durch Deep-Learning-Methoden immer besser verstehen. Beispielsweise ist es extrem schwierig, Ironie zu verstehen – nicht nur für Maschinen bzw. Programme.

Ironisch gemeinte Sätze unterscheiden sich auf den ersten Blick nicht von ernst gemeinten Sätzen. Sätze wie „Das haben Sie toll gemacht!“ oder „Heute haben Sie sich ganz besonders schick gemacht.“ können sowohl ernst als auch ironisch gemeint sein, ohne dass sich der Satz selbst ändert. Der Kontext hält oft die für die Interpretation entscheidenden Informationen bereit.

Für den Service ist es beispielsweise wichtig zu wissen, ob eine E-Mail von einem Kunden eine normale Anfrage ist, oder ob der Kunde deutlich verärgert ist. Hier kann es vorkommen, dass an einem Tag hunderte E-Mails von Kunden ankommen. Ein Filter, der die Anfragen nach Priorität vorsortiert, hilft dabei, den Kundenservice enorm zu verbessern.

Durch geeignete Trainingsdaten können Algorithmen so trainiert werden, dass sie als intelligentes Filtersystem eingesetzt werden können. Aus einer Masse von tausenden Nachrichten können sie beispielsweise diejenigen von verärgerten Kunden identifizieren. Die Sentimentanalyse, bei der quasi die Gefühle der Kunden gemessen werden, dient der Kundenpflege und kann das Risiko minimieren, dass Kunden abspringen.

Beispiel 3: Verbesserung von Sicherheitsarchitekturen

Je vernetzter die Welt wird, desto wichtiger ist das Thema Cyber Security und Datensicherheit. Deep Learning kann dazu beitragen, Sicherheitslücken in Systemen zu schließen. Durch die Lernfähigkeit ist die Methode besonders dazu geeignet, normale Tätigkeiten von Angriffen oder anderen Unregelmäßigkeiten zu unterscheiden. Diese Fähigkeit macht Deep Learning beispielsweise bei der Sicherung von sensiblen Orten wie Flughäfen interessant.

Bei der Echtzeitüberwachung geht es darum, das Live-Videomaterial zu überwachen und auffällige Ereignisse zu identifizieren. Je länger ein Deep-Learning-Algorithmus dem normalen Flughafentreiben zusieht, desto besser lernt er zu unterscheiden, welche Verhaltensweisen untypisch oder auffällig sind.

Beispiel 4: Risikominimierung bei Finanztransaktionen

Deep Learning sieht Dinge, die Menschen nicht sehen können. Aber auch bei anderen sensiblen Bereichen, die zum Ziel von Angriffen werden können, bringen Deep-Learning-Algorithmen Vorteile mit sich. Etwa beim Monitoring von Banktransaktionen und Wertpapierhandel. Mit anonymisierten Trainingsdaten können Algorithmen so trainiert werden, dass sie ungewöhnliche Tätigkeiten, die sich innerhalb eines Bankennetzwerkes ereignen, gezielt erkennen. So können neben Kreditkartenbetrug auch Angriffe durch Malware und andere Schadsoftware abgewehrt werden.

Damit wird eine der größten Herausforderung im Bereich Cyber Security beherrschbar: das Erkennen von erstmaligen Angriffen durch bislang unbekannte Malware oder individuelle Angreifer. Selbst Spamfilter können auf diese Weise trainiert werden, um E-Mails mit schädlichen Anhängen zu identifizieren. Allein aufgrund der Menge an Daten, die es zu überprüfen gilt, können Menschen bei dieser Aufgabe mit Systemen auf Basis von Deep Learning nicht mithalten.

Beispiel 5: Industrie 4.0: Tool zur Beherrschung von Big Data

Deep Learning kommt auch dann zum Einsatz, wenn es um die Analyse von Big Data geht, und die Fragestellungen gleichzeitig sehr komplex sind. Aufgrund seiner Stärken ist die Data-Science-Methode ein wichtiges Tool zur Beherrschung von Big Data. Beispielsweise bei der Auswertung von Sensordaten, wie sie im Fall von Maintenance-Daten vorliegen, die in einem Windpark anfallen. Bei dieser Technologie wird zum Teil im Sekundentakt an unterschiedlichsten Stellen gemessen, sodass die Datenmenge schnell im Petabyte-Bereich landet.

In solchen komplexen industriellen Ökosystemen erleichtert der Algorithmus die Prognose von Einheiten, die gewartet werden müssen. Mehr dazu erfahren Sie in unserem kostenlosen Whitepaper zu: Predictive Maintenance. Durch Deep Learning wird es darüber hinaus möglich, komplexe Zusammenhänge zwischen industriellen Prozessen, Daten über die Interaktion mit Kunden und Sales-Daten herzustellen.

Die volle Wirksamkeit kommt mit der Zeit

Ganz allgemein gesagt ist Deep Learning eine Data-Science-Methode, die insbesondere dann zum Einsatz kommt, wenn große Mengen unstrukturierter Daten vorliegen, in denen bestimmte Muster erkannt werden sollen. Vor allem große Mengen von Audiodaten, Videodaten oder Bilddaten stehen in den letzten Jahren im Zentrum des Interesses.

Die intelligenten Lösungen in diesem Bereich erschließen Bereiche, die lange Zeit dem Menschen vorbehalten waren. Was Deep Learning von den meisten anderen Methoden unterscheidet und sie so intelligent macht, ist der Lernaspekt.

Denn dabei handelt es sich also nicht um „Out-of-the-Box-Lösungen“, die einmal programmiert werden und dann direkt einsatzbereit sind. Vielmehr brauchen die Algorithmen zwangsläufig eine gewisse Trainingsphase, innerhalb der sie lernen, ihre jeweilige Aufgabe zu erfüllen. Dazu machen die Algorithmen zum Teil Annahmen und überprüfen diese Annahmen im Abgleich mit den Testdaten. So lernen sie aus ihren Fehlern beziehungsweise Erfolgen und werden im Lauf der Zeit immer besser.

Aus diesem Grund werden beispielsweise Chatbots oder digitale Assistenten, die auf Deep Learning basieren, immer besser, je öfter sie von den Nutzern das Feedback bekommen haben, ob ihre Antwort hilfreich war. Zwar sind die Fähigkeiten von Siri, Cortana & Co heute immer noch relativ beschränkt.

Betrachtet man aber allein die Erfolge, die in den letzten Jahren durch Deep Learning erzielt wurden, ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis sie sich ganz natürlich mit uns unterhalten werden und vielleicht sogar Humor haben.

Autor:innen

Michaela Tiedemann

Michaela Tiedemann ist seit den jungen Startup Tagen der Alexander Thamm GmbH mit im Team. Sie hat die Entwicklung vom schnelllebigen, spontanen Startup hin zum erfolgreichen Unternehmen aktiv mitgestaltet. Mit der Gründung einer eigenen Familie begann für Michaela Tiedemann dann parallel dazu ein ganz neues Kapitel. Den Job an den Nagel zu hängen, kam für die frisch gebackene Mutter aber nicht in Frage. Stattdessen entwickelte sie eine Strategie, wie sie ihre Stelle als Chief Marketing Officer mit ihrer Rolle als Mutter in Einklang bringen kann.

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