Vernetzte Produktion am Beispiel der Transformation der Automotive-Branche

von | 27. August 2019 | Grundlagen

Die vernetzte Produktion entwickelt sich mehr und mehr zum Standard der fertigenden Industrie. Das Konzept trägt dem neuen Megatrend der Hyperkonnektivität Rechnung. Am Beispiel der Automotive-Branche zeigen wir in diesem Blog-Artikel, wie daraus zahlreiche wettbewerbsentscheidende Vorteile entstehen und konkret ausgestaltet werden können.

Unter dem Stichwort „Industrie 4.0“ fand in den letzten Jahren ein Transformationsprozess in der fertigenden Industrie statt. Genauer gesagt hält diese Entwicklung immer noch an und gewinnt sogar zusehends an Bedeutung – vor allem in Bezug auf die vernetzte Produktion. In vielerlei Hinsicht nimmt die Automobilbranche diesbezüglich eine Vorreiterrolle und als wichtigster Industriezweig in Deutschland eine Schlüsselrolle ein. Es gibt mehrere übergeordnete Ziele der Industrie 4.0 beziehungsweise für die vernetzte Produktion:

  • Flexibilität der Produktion zu erhöhen: „Produktion Losgröße Eins“
  • Effizienz der einzelnen Prozesse zu optimieren: „Data Science in der Lackiererei“
  • Produktivität der Anlagen und Maschinen zu maximieren und Ausfallzeiten minimieren: „Predictive Maintenance

Die industrielle Produktion allgemein und die Automobilproduktion im Besonderen sind in komplexe Zusammenhänge eingebunden. Angefangen bei der Zuliefererindustrie, den Regulierungen in unterschiedlichen internationalen Standorten und Märkten bis hin zu den komplexen Produkten mit langen Produktzyklen. Gerade darum stellt die Automotive-Branche ein ideales Anwendungsgebiet für die vernetzte Produktion dar.

Lesetipp: Jede Fabrik kann Teil der Industrie 4.0 werden – Lesen Sie mehr dazu in unserem Blog-Artikel über „Brownfield vs. Greenfield“.

Die vier zentralen Handlungsfelder der vernetzten Produktion

Wenn es um die konkreten Handlungsfelder bei der vernetzten Produktion geht, lassen sich im Moment insgesamt vier wesentliche Entwicklungen identifizieren:

  1. „Vertikale Shop-Floor-Integration“: Durch die Vernetzung der Produktionsanlagen und -maschinen innerhalb des komplexen Produktionsökosystems der deutschen Automobilzuliefererindustrie lassen sich Informationen über Ausfall- und Störzeiten, Anzahl von fehlerhaften Teilen oder auch Qualitätsprobleme in der Produktion erheben und übermitteln.
  2. „Direkte Datenintegration“: Einmal erhobene Daten lassen sich oft in anderen Abteilungen weiter anreichern und auswerten, beispielsweise um daraus zusätzliche Instandhaltungs- und Qualitätsmaßnahmen abzuleiten.
  3. „Flexible, individuelle Fertigungsprozesse“: Die vernetzte Produktion ermöglicht die flexible Produktion der Losgröße Eins. Durch diese Flexibilisierung des Fertigungsprozesses können auch die unterschiedlichen Standards anderer Länder besser und einfacher erfüllt werden – im Idealfall bei Einzelstücken innerhalb der laufenden Produktion.
  4. „Optimierte Arbeitsplätze“: Die Mitarbeiter stehen bei der vernetzten Produktion im Zentrum. Optimierte Arbeitsplätze ermöglichen es, auf spezielle, individuelle Anforderungen jedes Mitarbeiters einzugehen. Nicht mehr die Menschen passen sich den Maschinen an, sondern die Maschinen den Menschen.

Die vernetzte Produktion liefert damit gleichzeitig zentrale Antworten auf die Frage nach der Zukunft der Arbeit wie auf die Frage nach der Zukunft der Automobilindustrie. Die sich stetig wandelnden Anforderungen in einer globalisierten und digitalisierten Arbeitswelt lassen sich mit der vernetzten Produktion sehr viel besser bewältigen.

Vernetzte Produktion als Strategie für mehr Innovation und einen datenzentrierten Ansatz

Die vernetzte Produktion ist heute einer der Schlüssel von Innovation geworden beziehungsweise schafft die Voraussetzungen dafür. Sie ist damit ein wichtiger Baustein für die datengetriebene Digitalisierung. Denn bei der Vernetzung der Produktion ist es notwendig, alle Fertigungsprozesse in ihrer Gesamtheit zu betrachten.

Ein weiterer wichtiger Bestandteil der Transformation sind beispielsweise auch Anpassungen in der Unternehmenskultur. Solch ein ganzheitlicher Ansatz liefert damit zugleich die Chance, auch andere Innovationen anzustoßen beziehungsweise zu begünstigen.

Die Vernetzung der Fabrik und die Vernetzung des Produktes selbst wie in diesem Fall des Connected Car gehen Hand in Hand. Besser gesagt: sie bedingen einander. Die Daten, die in den Produkten, sprich den Autos, erhoben werden, können dazu genutzt werden, die Produktion zu verbessern.

Insbesondere die „Early Adopters“ können sich Wettbewerbsvorteile sichern. Unternehmen, die früh in die Vernetzung der Produktion einsteigen, können sich gegenüber ihren Mitbewerbern einen Vorsprung verschaffen. Gerade in hart umkämpften Branchen wie der Automobilbranche lohnt es sich darum, den eigenen Kunden so früh wie möglich die Vorteile, die sich aus der Vernetzung ableiten, zu bieten.

Das Auto als Softwareprodukt: Als „digitaler Zwilling“ wird das vernetzte Auto zur Schnittstelle

Die vernetzte Produktion lässt sich in einen größeren Gesamtkontext einbetten. Die zugrunde liegende These lautet, dass in Zukunft alle Unternehmen ein Stück weit zu „Software-Firmen“ werden müssen. Das liegt daran, dass Software und Datenauswertung zu einem immer wichtigeren Bestandteil der Produkte, der Produktion und damit der Wertschöpfungskette werden.

Wie sehr das Auto zu einem Softwareprodukt wird, zeigt sich an mehreren Stellen. Zum einen steuert Software zentrale Bestandteile von Autos und zum anderen wird der Fahrer selbst immer mehr zum Connected Customer. Software steht damit mehr und mehr an der Schnittstelle zwischen Unternehmen und Kunden – beziehungsweise es wird besser gesagt selbst zu Schnittstelle.

In Zukunft wird das vernetzte Auto im Rahmen der vernetzten Produktion mit der Smart Factory kommunizieren, später mit Infrastrukturen wie der Smart City, aber auch mit Vertragswerkstätten oder als autonom fahrendes Fahrzeug mit anderen Verkehrsteilnehmern.

Im Gartner Hype-Cycle erfährt aufgrund dieser Entwicklung der sogenannte „digitale Zwilling“ bzw. „Digital Twin“ seit einigen Jahren eine Aufwertung. Als digitaler Zwilling wird das digitale Abbild von realen Produkten – sowohl während der Produktion als auch danach – bezeichnet.

Zukunfts-Perspektive: Künstliche Intelligenz ist der nächste wichtige Schritt bei der Industrie 4.0

Im Rahmen der vernetzten Produktion stellen Digital Twins oder allgemeiner gesagt Daten die Grundlage für weitere Entwicklungen dar. Insbesondere durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) und Machine Learning kann die vernetzte Produktion das nächste Level erreichen.

Die während der Vernetzung der Produktion erhobenen Daten sind selbst der neue Rohstoff für den nächsten Schritt in der Wertschöpfungskette. In großen Datenmengen können Muster erkannt werden, die zu neuen Use Cases führen können.

Die während der Vernetzung der Produktion erhobenen Daten sind selbst der neue Rohstoff für den nächsten Schritt in der Wertschöpfungskette. In großen Datenmengen (Big Data) können Muster erkannt werden, die zu neuen Use Cases führen können.

Eine der zentralen Folgen für die vernetzte Produktion ist die Verbesserung der Mensch-Maschine-Interaktion durch Künstliche Intelligenz. Denn die Spracherkennung der natürlichen gesprochenen Sprache wird durch KI immer besser und auch Systeme zur Bild- und Umgebungserkennung werden immer intelligenter. Das öffnet völlig neue Möglichkeiten bei der Bedienung von Maschinen wie Cobots („Collaborative Robots“).

Auch der Einsatz von Virtual-Reality- oder Mixed-Reality-Geräten bei der Produktion und Reparatur von Maschinen ermöglichen standortübergreifende Telewartung und begünstigen damit das Fortschreiten der Revolution der vernetzten Produktion in der Automobilbranche.


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Autor:innen

Michaela Tiedemann

Michaela Tiedemann ist seit den jungen Startup Tagen der Alexander Thamm GmbH mit im Team. Sie hat die Entwicklung vom schnelllebigen, spontanen Startup hin zum erfolgreichen Unternehmen aktiv mitgestaltet. Mit der Gründung einer eigenen Familie begann für Michaela Tiedemann dann parallel dazu ein ganz neues Kapitel. Den Job an den Nagel zu hängen, kam für die frisch gebackene Mutter aber nicht in Frage. Stattdessen entwickelte sie eine Strategie, wie sie ihre Stelle als Chief Marketing Officer mit ihrer Rolle als Mutter in Einklang bringen kann.

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